Hui, schöne Idee von hier:
https://365tageasatzaday.wordpress.com/2017/01/13/aufruf-balladenwochenende-die-brueck-am-tay/
Ja, da mach ich doch mit! Was nehm ich? Und erklärt werden, warum diese und nicht jene soll auch noch! Hach! Felix Dahn, Chamisso, Fontane? Rückert oder Uhland? Dylan oder Hunter? Halt! Da kommt mir eine Idee:
GUY CLARK. Den hab ich vor nicht mal 10 Jahren erst entdeckt. Aber wenn man bei dem einmal am Haken hängt, dann kommt man nicht mehr los. Ein bissl was vom Cohen, ein bissl was vom Cash. Eng befreundet mit dem glücklosen und heute posthum so verehrten Townes van Zandt schreibt er Meisterwerk auf Meisterwerk und eins davon ist eben das hier: My guitar.
Und alles von ihm hört sich an, als wär’s aus einem gaaaanz anderen Jahrhundert von Chamisso & Co, nur eben von ihm ins Englische übertragen und mit diesem virtuosen Gitarrengestrüpp unterlegt. Zeit, den Spieß umzukehren und die berührenden Geschichten zugänglicher zu machen, als sie in einer Fremdsprache nun mal sind. Jedoch: Übersetzt man wörtlich, sind die Reime futsch und meistens auch die Wirkung. Reimt man, klingt vieles auf Deutsch schnell peinlich und nach Poesiealbum, aber nicht nach tief empfundener Lebensweisheit. Von Zeit zu Zeit könnte ich mich an sowas festbeißen.
Es ist mittlerweile 3 Jahre her, da scheiterte ich beim ersten und zweiten Versuch, Texte von ihm nachzudichten; aber aller guten Dinge sind drei .. und so war ich dann doch mit diesem 3. Versuch leidlich zufrieden.
Guy Clark – My guitar (dt. Fassung: Bludgeon)
Ja, ich kam mal wieder am Pfandhaus vorbei
Im älteren Teil der Stadt
Die Neugier lenkte mich hinein
Ich kam vom Wege ab
Ich ging also rein und erspähte dort
Als ich da so stand
Eine zerschrammte alte Akustikguitar
Hängend an der Wand.
Was willst du für die Ruine da
Fragt‘ ich den alten Mann
Er lächelte und nahm sie ab
Und gab sie mir sodann:
„Zeig mir, was sie für dich ist.
Die Preisfindung ist schwer
Du spielst, ich lausche und zuletzt
Rechne ich nach Gehör.“
Also schlug ich ein paar Akkorde an
Im Country-Schrammel-Stil
Doch dann fuhr der Blitz mir in die Hand
Als es mich überfiel:
Es schien als hätt’ ich immer gekonnt
Diese Griffe, die ich hier spielte
Melodien, die ich noch nie geübt
Und der Alte wie Festus schielte.
Meine Linke raste das Griffbrett rauf
Und auch gleich wieder runter
Das Gesicht des Alten hellte sich auf
Er wurde richtig munter.
Die Gitarre spielte sich wie von selbst
Das war nicht zu überseh’n
Aber doppelt schwer zuzugeben war:
Verdammt, wer spielt hier wen?
Als ich sie wieder runternahm
Blieb mir der Atem aus
Meine Hände zitterten elendig
Doch der Alte gab Applaus:
„Wo zur Hölle warst du die ganze Zeit?
Ich wusste es wird gescheh’n.
Eines Tages kommt hier einer rein,
der wird die Gitarre seh’n!“
Den Gitarrenkoffer zieht er vom Regal
Und reinigt ihn vom Dreck
Er reicht ihn mir rüber und winkt ab:
„Schon gut, behalt’ deinen Scheck.“
Seine Stimme klang plötzlich sonderbar
Ich schwöre, es ist so gewesen:
Er blinzelt nur einmal den Koffer an
Und schon konnt’ ich meinen Namen drauf lesen!
Kannte ich nicht, höre ich gerade, mag ich sehr (und auch deine Übersetzung). Gänsehautfeeling. Vielen, vielen Dank, du bereicherst mich.
Liebe Grüße
Christiane
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Prima. Vielleicht geht es dir ja, wie mir damals: ich hab „desperados waiting for a train“ und „1947“ gehört und sofort die CD gekauft, und im Handumdrehen, hatte ich 5 weitere – und keine davon ist überflüssig. Tipp: Randall knife (bei youtube)
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Läuft gerade (Randall knife). Hast recht, da ist ganz deutlich ein Sog.
CDs vermehren sich bei mir nicht inflationär (Bücher eher), aber danke! für den Tipp 🙂
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Mich auch, ich schließe mich Deinen Worten an!
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Gut gewählt und erzählt.
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Großartiger Song und klasse Übersetzung, Chapeau!
Von Guy Clark hab ich Ende der 70er mal die Texas Cookin‘ bei einer Sammlungsauflösung erwischt und ungehört mitgenommen, weil ich wusste dass der Mann das legendäre „Desperados waitin‘ for the Train“ geschrieben hatte, das die Emsland Hillbillies immer als letztes Stück spielten (im 10 Minuten Allman Brothers Stil mit viel Doppelgitarrensoli, weshalb die Originalversion zuerst nicht die ganz große Begeisterung bei mir hervorrief).
Müsste ich spontan eine Ballade nennen, „Conversation with the Devil“ von Ray Wylie Hubbard wäre wohl erste Wahl. Oder „Waitin‘ around to die“ vom erwähnten Townes Van Zandt. Oder vielleicht doch Pancho & Lefty? Es gibt da ein paar Herren, die können das unglaublich gut, das mit den Balladen..
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Au ja, dieser ganze „Alternative Country“ Garten, in dem die independent Cowboys in alten 70er Jahre Schüsseln über Land gurken und den Menschen sehen, wie er ist.
Willie Nelson, Waylon Jennings, Dave Alvin (sein „Everett Russ“ wäre auch ein ganz heißer Anwärter für eine besondere Ballade), Warren Zevon, John Prine, Billy Joe Shaver, Nanci Griffith… endlos…
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Guy Clark…grandios, vieeeeelen Dank, der is ja eine Bereicherung…ich verlieb mich zwar immer in die Gitarristen, nicht bei jedem war es so angebracht wie hier…
Da muß ich weiterhören, ganz sicher!!!
Und so einen wunderbaren Balladentext hast Du aus dem Lied herausgedeutscht…einfach schön!
Grüsse aus den Schneebergen
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