Der Peter-Bludgy-Dissens der späten Jahre.
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„Engländer möchdch keenor sein. Die duhn mir leid.“
„Hä?“
„Na bei der vielen Disco-Scheiße, die so lööfd, müssen die och noch jädes Word vorstehn! – Schlimm.“
Ein weiser Spruch meines Sandkastenkumpels Udo von anno’78, der mir jedes Mal einfällt, wenn der Nachwende-Peter erklingt. Dann bin ich IN GENAU DER Lage. Ich kann nicht weghören. – Schlimm.
Wirklich!
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„Ich geh fort, ich geh fort…“(1980) find‘ ich immernoch gut. Damals begann seine beste Phase. Eiszeit, auf Sand gebaut, Karneval der Nacht… Auch den gesungenen Wetterbericht „Sonne in der Nacht“ kann ich noch immer hören, ohne Schmerzmittel einzuwerfen.
Aber: Inzwischen bin ich Maffay-traumatisiert – durch sein Nachwendeschaffen.
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Genderwissenschaften haben inzwischen ermittelt, dass es eine genetische Determiniertheit gibt, die die Frau ab 35 zwingt, dem Maffay zu verfallen. Morbus Peter. Sie kann nichts dafür. In Ausnahmefällen passiert das sogar schon früher!
Es ist diese Mischung aus Feinripp-Unterhemd, muskulösem Oberarm und Dackelblick, der sich zwingt, mürrisch erscheinen zu wollen. Hinzukommt diese auf „markig“ gequälte Sprechmanier, in die jeder 13jährige fällt, wenn er „den Harten macht“. Warum Maffay sie ein Leben lang beibehielt, wird sein Geheimnis bleiben, bis es eine seiner Lebensabschnitts-Gefährtinnen dermaleinst in ihren Memoiren enthüllt.
Die Frau ab 35 gerät so zwischen Mutterkomplex und Beschützersuche.
Maffay erinnert gleichzeitig an den bockigen Sohn und den Traum-Mann. Und dann geht der innere Film ab: In the eyes of Lucy Jordan… in a Sports-Car…and the wind blows in her hair.
Manchmal trägt er noch die Koppelschnallen auf, die der eigene früher auch besaß, die ihm heute jedoch unterm Waschbeckenbauch den Unterleib schlitzen würden. Time goes by.
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Männer hingegen sind ab 35 von Eysiediesitis betroffen. Jeder trägt den Virus in sich, nicht bei jedem bricht er aus, jedoch deutlich häufiger als Gürtelrose. In den meisten Fällen reicht exzessives Abspielen von AC/DC- bzw. Metallica-Alben; zwanghafte Wacken-Reisen oder gar Befall mit Death-Metal-Sammelwut wurden jüngst beobachtet. Besonders bei überdomestizierten Ehe-Softies nach der Scheidung im neuen Domizil.
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Als Mann bist du gegen diese Launen der Natur machtlos. Wenn du also verheiratet bist und -bleiben willst, dann ziehen bei dir über die Jahre Maffay-CDs ein. Ob du die nun magst oder nicht. Das ist wie graue Haare kriegen – Natures way.
Zunächst sind da die Kinder – und Schwups – wird „Tabaluga“ unumgänglich. Clever. Das triggert die Muttis, in die -auf sie zugeschnittenen- Konzerte zu kommen. Und auch junge Väter hängen bei „Ich wollte nie erwachsen sein…“ ihren Indianerspielen nach. Da reiten dann vor dem geistigen Auge wieder Gojko, Pierre und Lex. – Er hat eindeutig gegen den „Traumzauberbaum“ gewonnen.
Dann kommen erste CD-Wünsche, die über das Kinderprogramm hinausgehen und schließlich Konzertgänge.
Meine Frau ging gottlob mit Freundin oder Tochter. Ich musste nie mit. Dafür lieb ich sie!
Denn was ich via Küchenblaster oder gar Booklet lesend so mitbekam, wenn z.B. die „ewig“ oder die „laut und leise“ gehört werden musste, ließ mich schmerzlich empfinden, wie die Kluft zwischen mir(dem Fast-Fan 1982) und ihm (der Roland-Kaiser-Rockversion) wuchs. „Wenn die Hand ins Leere greift…“
Denn was er da so singt – das ist der Golf I, der Ferrari sein will.
Bernd Meinunger- oder Michael Kunze-Verskunst suchst du vergeblich.
Und all diese Renates, Katrins und Julias, die da so seine Texte schreiben – wer mag das sein? Der Zirkel schreibender Landfrauen Gütersloh e.V.?
Eine Endlos-Phrasenparade schiefer Bilder.
Nach dem dritten Lied klingt alles gleich. Ungefähr wie:
Und wenn der Horizont zerbricht (sic!)
Dann stehst du im Rampenlicht
Die Berge und die Täler
Machen deine Sorgen schmäler!
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„Zwischen Krokus und Narzissen hat schon Maffays Band ge-“ Ach! Lassen wir das.
Ich denke, nun ist es deutlich genug geworden, „wo der Maffay bei mir steht“.
„Ich geh fort, ich geh fort…“ …und schreib demnächst was anderes von dort.
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Ich oute mich: Die „Sechsundneunzig“ hatte ich im CD-Regal stehen gehabt, aber ich konnte sie zum Glück vor ein paar Jahren bei eBay loswerden. Aber mit diesem Text und vor allem dem Bild zum Cover hast Du brutal in mir den Ohrwurm „Freiheit, die ich meine“ ausgelöst. Grausam! Aber danke für die Trilogie.
PS: Etwas Gutes hat der Mann in meinen Augen geleistet. Er gehörte zu den ersten deutschsprachigen Musikern, der wenige Konzerte mit Begleitung eines Gebärdensprachdolmetschers absolvierte. Ob Mensch sich so etwas antun möchte, ist natürlich eine andere Geschichte.
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Yepp. Kann ich gut verstehn.
„Jeder kämpft für sich allein
Will der erste sein
Niemand schert sich ‚drum und wenn du fällst, dann fällst du um“
Das sind so gesungene Kinderzimmer-Wand-Tatoos.
Ich hab, während ich die Trilogie schrieb, durchhören wollen, was hier so rumliegt. Die AMIGA 87 „Tausend Träume weit“ (seit 99/oder2000 nicht mehr gehört) hat mir dabei sogar wieder gefallen. (Muss ich gestehen.)
Die „laut und leide“(pruuust, was’n Tippfehla aba och!) ließ mich kapitulieren. Nee, det schaffick nüsch!
Er hat schon wirklich seine Verdienste. Aber wenn ich heute Kontakt mit seiner Mugge vermeiden kann, dann bin ich froh.
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Mööönsch, das ist ja eine echte Maffay Trilogie geworden…. aber ich bin – verspätet – durch.
Tja, er war irgendwie immer da, aber er wurde auch nie meiner, keine einzige Platte ziert meinen Plattenschrank. Vielleicht einer der Musiker, der dann doch einen Stellplatz verdient hätte, aber es hat (bei mir) eben nicht gereicht.
Vielleicht war es bei mir spätestens seit von der Lippes Varianten (Peter und Helge) vorbei.
Aber auch mal ehrlich: es gab eben immer etwas Spannenderes und der Tag hat eben nur 24 Stunden.
Viele Grüße!
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