Peng-ratter-ratter-peng!

Weihnachtsüberraschung 2022:

Im Westen nichts Neues 3.0 – schau ihn dir an!

Aber sei gewarnt!

Wie umgehen mit diesem Ding?

Ist das nun gut oder mies?

Der Film hat sein Ziel erreicht: Ich kam gestern aus dem Kino, mit einem Brei im Kopf aus Remarque-Leseeindrücken, Prora-Traumasplittern, Ukrainekriegverärgerung, Tellkamp-Turm-NVA-Episoden, Hollywood-Kriegsfilmerinnerungen.

Sechs 60jährige wollten ihn gestern als Uraufführung in der kleinen Stadt sehen.

Der Saal blieb also weitgehend leer. Tom Cruise mit seinem Maverickgeballer zieht deutlich mehr Leute.

Deutsche Geschichte? Gähn. Die Zockerbuben winken ab. Der Ertrag der Entnationalisierung in unseren Sonntagsreden.

„Im Westen nichts Neues“ sollte man kennen! Es ist und bleibt das unverzichtbare Standardwerk über Krieg im Allgemeinen und den 1.Weltkrieg im Besonderen. Und der Ukrainekrieg ähnelt ihm aufs Haar. Putin zog mit einer Planung von 2014 – 2022 los und seine Offiziere staunten, dass die nicht mehr aufging. Seine Auslandsspionage hatte voll versagt. Deutschland hatte den Schliefenplan seit 1905 in der Schublade und staunte 1914, dass die Russen eben doch kein halbes Jahr brauchten, um die deutsche Ostgrenze zu gefährden. Zweifrontenkrieg war zu keiner Zeit geplant. Lassen wir das. Wer hat heute noch Geschichtswissen in Deutschland? Schau dir die Kommentare auf den Onlineportalen der großen Blätter an. Da galoppiert die Idiotie.

Es ist schon ein Hintertreppenwitz der Weltgeschichte, dass in einer Zeit, in der die Zeichen auf Kriegspropaganda stehen, ein Antikriegs-Epos gerade fertig gedreht wurde und nun nicht verboten, gecancelt, doch noch in die Kinos kommt: Immerhin nur als „Kino für Kenner“ Maßnahme für 2 Termine pro Woche. Jedenfalls hier around. Mal sehen, wie lange Netflix ihn im Programm behält.

Obwohl: Die Antikriegsbotschaft ist eingedampft auf homöopathische Dosis, unter Feuerzauber verwurstelt. Keiner der minimalen Dialoge wirkt nach. Schau dir die Verfilmung von 1930 an, die zeigt dir, wie man’s richtiger hätte machen können.

Dieser Film handelt vom Sterben. Im Krieg. Wie das Buch auch. Aber es wäre richtiger gewesen, ihn anders zu nennen. Zum Beispiel „Bäumers Kampf – ein Film nach Motiven des Romans „Im Westen nichts Neues“.

Wenn du das Buch kennst, dann wird dir auffallen, dass hier einiges wie im Schnelldurchlauf nur kurz abgehakt wird, anderes ganz fehlt, wieder anderes ausgewalzt wird, was Remarque gar nicht im Buch hat. Man geht hier also mit der literarischen Vorlage seeeehr frei um, um ein reißerisches Kriegsepos auf der Höhe zeitgenössischer Sbeschlll Äffegds zu zaubern.

In diesem Sinne gibt es Szenen, die durchaus beeindrucken. Betroffenheit erzeugen. Weggewischt im nächsten Moment durch Stimmungswechsel. Der Aufmerksamkeitsspanne des Zockermobs wurde Tribut gezollt. Wer seit dem 7. Lebensjahr Counterstrike gespielt- und ab 12 reichlich Splatterquatsch konsumiert hat, der kann sich hier bei reichlich Schlammschlacht gut unterhalten fühlen. Remarques Buch kennt er hinterher trotzdem nicht. Und da dieses Buch auch relativ lange Lazarett- und Heimaturlaubepisoden hat, wird er es gelangweilt in die Ecke feuern, so er es mit 17 oder 18 als Pflichtliteratur aufs Auge gedrückt bekommt.

„Langweilig! Habma den Film reinjezooong. Is geila!“

Seit „Soldat James Ryan“ von Steven Spielberg gibt es einen Wettlauf im Film, das Morden möglichst lang, detailreich und naturalistisch wirken zu lassen. Die neue Verfilmung von Remarque stellt hier neue Rekorde auf.

Aber da Bäumers Verwundung, Rekonvaleszenz und Heimaturlaub fehlen, fehlt eben auch ein entscheidender Teil der Antikriegsbotschaft: Du findest dich als Frontschwein auch zu Hause nicht mehr zurecht.

Stattdessen kriegst du eine völlig überzogen, historisch falsche Schlussepisode präsentiert, die dem Film obendrein den Titel nimmt: Und wieso heißen diese 140 Minuten Schlamm-Catchen nu „Im Westen nichts Neues“?

Für unsereinen, die belesenen Reste des Volkes, ist der Film nix. Jedoch, wenn du diese wohlstandsverwahrloste Zockergeneration erreichen willst, dann musst du „veränderter Sehgewohnheit Rechnung tragen“. Vermutlich. Und deshalb so drehen, wie das hier vorgeführt wurde. Armes Deutschland.

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4 Gedanken zu “Peng-ratter-ratter-peng!

  1. Schönen Dank für Deine eindeutige Empfehlung.

    Ich werde mir den Film nicht geben und kaufe mir für das Ersparte lieber ein weiteres Buch. Oder ne gebrauchte DVD mit einem ansehnlichen Film. Ich brauche keine Filme mehr, deren „Bilder meine Seele ausbeuten“ (cit. Wenders).

    btw: ich schaue derzeit die Serie (ja, es auch Serien…) Berlin – Schicksalsjahre einer Stadt. ZDF, ich weiss. ABER ohne Guido Knopp. Ich sehe die Folgen als Erinnerungsgeber einerseits. An was erinnere ich mich, an was nicht.
    Die Auswahl der Zeitzeugen passt sehr gut. Da können sich andere Dokumacher einige Scheiben von abschneiden. Und da beiden Städte Berlin gezeigt werden, kann man die Anteile der jeweiligen Auftritte zählen: fifty-fifty. Ebenso die Anteile der Zeitzeugen. Schon allein deshalb. Interessant auch die Interviews auf den Strassen. Volkes Stimme. Hüben wie drüben sinds se alle Deutsche.

    Kritikpunkte gibts auch, die sind für mich jedoch nebensächlich und nicht weiter erwähnenswert, weil sie das ganze Werk nicht wirklich schmälern.

    Gefällt 1 Person

  2. Pingback: 4 Oscars | toka-ihto-tales

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