Pete Pardo vom Sea of Tranquility hatte mal wieder ne Mordsidee: Back to Highschool. Welche Platten machten DICH zwischen 16 und 19 an? Wer oder was prägte deinen Geschmack?
Also in meinem Fall in den EOS-Jahren 1975-79.
Nun: Wäre ich ein Wessi gewesen, hätte ich dieselben Pferde im Stall wie meine Altersgenossen in Hamburg und Bochum. Aber so?
Ohne Westbeziehungen, ohne D-Mark für den „Shop“, mit nur sehr spärlichen Zufallskontakten, zwecks Aufnahme einer Aufnahme von einer Aufnahme, die von einer Westplatte stammt? Da war es halt nichts mit YES, Genesis, Supertramp auf Vinyl.
Was gaben die Saaletal-Plattenläden her?
Im Alter ist einem nichts mehr peinlich. Also sei eingestanden:
Mein erster Plattenkauf in Sachen „Rockdröhnung“, waren1976 „Die großen Erfolge“ der Puhdys.
Die besaß ich bis Prora 1980, dann verhökerte ich sie schmerzfrei mit einigen anderen „erledigten“ Ostzeitkäufen, weil ja nun meine vinylnen Westzeiten anbrachen. Guckst du hier.
Aber das soll nicht heißen, dass ich Ostrock insgesamt abschwor. Keines Falls! Nur die Puhdys waren eben sowas von Kremlrock geworden, dass ihre Platten eher peinlich wurden, als z.B. die von Karat; die wurden es später auch.
1976 war für Amiga so ein Durchbruchsjahr, in dem viel an Rockplatten erlaubt worden war, und in dem MEINE Altersgruppe langsam Live-Erfahrungen in Konzerten bekam, wer „geil abgeht“ und wer nur „steif zupft“.
LIFT wurden überraschend zur Supergroup. Ihre Debut-LP war um Längen besser, als die um ein halbes Jahr zu spät erschienene Debut-Platte der Stern Combo Meissen. Eigentlich wären die die Artrock-Überflieger der DäDäRä gewesen, aber ihr Live-Album entpuppte sich ohne ihren Erstlings-Hit „Finlandia“(Adaption) als kastrierter Konzert-Torso.
Lifts Erste enthielt verblüffenderweise kein Sammelsurium alter Rundfunkproduktionen, sondern mit Ausnahme von „Wasser und Wein“ lauter neues Material – und die hatten gerade erst ihren Stil gefunden, der sie passend zwischen YES und Genesis setzte.
Konzert in Schkölen. Hier schon beschrieben.
Dann LP Nr. 2; im gleichen Stil, als zwei Band-Mitglieder bereits tot waren; danach war es mit den „guten LIFT“ bereits wieder vorbei. Aber die zwei LPs gehören zu den „heiligen Platten“.
Renft können hier in dieser Liste 1975-79 nicht auftauchen, weil ich an ihre 73er und die 74er LP erst 1981 per Tonbandmitschnitt herankam.
Stern Combo Meissen fehlen ebenfalls, weil sie in jener Zeit wie gesagt nur ihr Debut wie oben beschrieben und „Weisses Gold“, ihr erstes Großwerk, vorweisen konnten. MICH hat das eher enttäuscht, auch wenn es alle Welt um mich her feierte. Ich besaß die LPs, aber legte sie nur selten auf. Aber Stern Combo kriegte mich live absolut! 1980; 1981 und 1983(knapp vor der Aufnahme von IC als Sänger); als Platte aber brachte es mMn erst ihre dritte – „der weite Weg“ – so richtig. Aber die fällt mit ihrem Erscheinungsdatum Ende’79 bereits in die Armeezeit.
Das Debut von Bayon war ein Highlight. So filigran spielte im Osten niemand sonst. Zu den Nachwende-Kulturverbrechen gehört der Umstand, dass ihr Debut nie bei „Original Amiga Masters“ auf CD wiederveröffentlicht wurde. Es war die einzige wirklich internationale Band, die Weltmusik verartrockte, in absolut genießbarer Form! Gleichzeitig klangen sie so romantisch, dass sie irgendwie Santana, Benson und Renaissance gleichzeitig abdeckten, ohne stilistische Brüche.
Um diese Zeit brach auch das „Blues-Fieber“ der DDR aus. Das heißt: So wird es heute gern kolportiert. Der Blueswahn ist älter. Er stammt bereits aus den 60ern und ist eher der Tatsache geschuldet, dass jeder, der Stones auf einer Ostbühne spielt, Bandverbot riskierte.
Also weichste aus – auf „Mannish Boy“ und „Midnight Rambler“ in angeblichen Muddy Waters Versionen. Die Aufpasser merkten es nicht – und die wirklichen Muddy Waters Nummern oder John Lee Hookers „Boom boom boom“ konnten nahtlos angehängt werden.
1976 erschienen mit den Debuts von „Jürgen Kerth“(Erfurt) und „Engerling-Blues-Band“(Berlin) nun zwei der großen Kunden-Heroen. („Kunde“= Osthippie; „Ey Kunde!“). Die waren schon vor Erscheinen KULT. Egal, was drauf war. Ich hatte dann beide. Aber siehe oben: 1980 nicht mehr.
Die Blueserei ging mir ähnlich auf den Wecker, wie dieser unerklärliche Jethro Tull Dauerhype. Wie kommt das eigentlich zustande, dass DIESER Stil und jene Band von „der Meute“ auserkoren werden, angeblich „dauergeil“ zu sein? Spätestens, wenn sich die Typen von der FDJ-Kreisleitung kurz vor dem „FDJ-Studienjahr“ mittwochs nachmittags outen, sie würden ja so auf „Bluuuuuuhs“ stehen – isses dann aus. Also weg mit Kerth und Engerling und Stefan Diestelmann und Hansi Biebl.
Hm. Aber Jürgen Kerth war auch mein erstes richtiges Live-Konzert gewesen. Die Kerthplatte verschleudert zu haben, bereute ich bald. Nach der Wende zog er per CD wieder bei mir ein. Und auf jeder Ostrockbrutzelung fürs Auto darf heute Kerth nicht fehlen!
Auch die Engerlinge wurden mit den Jahren eigentlich immer besser. Heute verehre ich ihre „So oder so“ von 1989 und die „Egoland“ von 1990 – also muss aus jenen 70er Zeiten DOCH ein Keim übriggeblieben sein. Wie vertrockneter Rasen, der viel-viel später von alleine wieder grünt.
Wir hatten in der 9. und 10. Klasse einen sehr guten Musiklehrer. Der musste mit uns natürlich den ganzen verbindlichen Lehrplanschrott abarbeiten. Aber er variierte Arbeiterkampflieder und Volkslieder am Klavier gerne mal durch:
- Die Fassung kennt ihr…
- Hätten das die Beatles geschrieben, klänge es so…
- Die Chinesen spielen das so…
- Die Neger in Amerika würden daraus Blues machen, das klänge dann so…
- Oder einen Ragtime…
Da blieb man selbstverfreilich wach!
Diesem Lehrer verdanke ich zwei entscheidende Kicks, die den musikalischen Horizont erweiterten:
- Schülerkonzerte im „chroßen Gino-Saal“ waren immer Kamikazeunternehmen für das aufsichtsführende Lehrpersonal, weil Klassik gegeben wurde, die Sache eine „erscheinen Pflicht!“ Veranstaltung war, die pubertierende Hörermehrheit aber auf Rock&Roll stand und mehr oder weniger undiszipliniert kommentierte, wenn die Sopranistin eher an Babajaga erinnerte und somit jeglichen Debbie-Harry-Sex vermissen ließ.
In der 10. Klasse wurden wir auf die Veranstaltung jedoch vorbereitet, wie sonst nie:
„Ihr werdet die 9. Sinfonie von Dvorak hören. Die heißt AUS DER NEUEN WELT. Was ist gemeint?“ Schweigen. Schulterzucken. „Amerika! Dvorak reiste damals von Küste zu Küste! Er beginnt mit Wolkenkratzersound: New York. Dann kommt er in die Prärie und fährt mit den Indianern Kanu; dann wirds langsam und anstrengend, er muss die Rocky Mountains hoch und schließlich Kalifornien und wieder Große Städte, Straßenverkehr, Gedränge.“ (Dazu Klangbeispiele von Platte – und alles hat gestimmt.)
Ich saß also im Konzert und sah sie alle vor mir: Chingachgook, Toka-ihto, Wahtawa, Red Fox; vorndran Kojak in seinem rollenden Flugzeugträger und hintendran Columbo.
Diesmal war mir das Muss-Konzert viel zu kurz!
Nächster Gang: Plattenladen und die Verkäuferin schocken:
„Ham Sie die 9. vom Dworschak?“
„Soll’s n Geschenk sein?“
„Nö für mich.“
Der Gesichtsausdruck der ehemaligen Fischverkäuferin mir gegenüber schwankte interessanterweise zwischen „Ein perverser Irrer?!“ und „Ach du armes Früchtchen.“
Aber sie hatte die Platte eh nicht.
Erst in Leipzig, ein paar Wochen später, wurde ich fündig:
Arturo Toscanini dirigiert das NBC Symphony Orchestra New York. Was will man mehr?
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- Der zweite Kick war seine Einführung in den Jazz: Benny Goodman Swing von Platte. Die helfende Erläuterung: „Hört mal nur auf das Orchester: Die spielen immer dieselbe kurze Melodie und Goodman steht vorn und bläst sein Solo, greift die Melodie auf, ändert sie ab, spielt sie wieder exakt, reiht sich ein….verschwindet…die Trompete ist dran, die machts wie er… Und jetzt mal Duke Ellington. Da ist das so ähnlich, aber es geht ein bissel mehr „ab“, wenn ihr euch beim Hören bissel Mühe gebt.“
Das war so anders als dieses Satchmo Gedudel im Fernsehen, das ich bis dahin für die einzige Art von Jazz hielt. Dixieland – Fluchtreflexe ahoi! Bis heute!
Also ging ich in den Plattenladen und durchstöberte die Ladenhüterreihe mit den schwarzen Covern und dem orangenen großen J in der Ecke. Lester Bangs, Ben Webster, Jimmy Smith, Ella Fitzgerald, – da: Quincy Jones! DEN Namen hatte ich irgendwo mal aufgeschnappt. Der Essay auf der Rückseite des Covers verriet, dass er hier mit Orchester spielt. Das war der Duke Ellington Kick aus der Schule. Ich ließ mir die Platte auflegen. Gleich die erste Nummer entschied den Kauf „Coming home Baby“. DAS geht! Das kann man hören! Zu Hause entpuppte sich die LP als Volltreffer. „cast your fate to the wind“, „Desafinado“, … alles bestens. Nummern, die mir in Fassungen von Carlos Jobim und George Benson alle später wiederbegegneten. Ich hielt mich plötzlich für jazztauglich. Ben Webster Trio, Oscar Peterson, Jimmy Smith zogen ein in meinen Plattenschrank, kurz bevor der Punk losbrach.
Besonders auf der Amiga-Smith-LP fiel zum ersten Mal auf, wie scheiße das sein kann, wenn ein Entscheider zwischen 10 tollen Westalben sitzt und nun überlegt:
„Welche bring ich nun als Lizenzplatte in die Läden? Ich darf nur eine! … Ich werde was zusammenstückeln.“
Und dann sitzt das Käuferlein vor dieser Bruchstücksammlung und mault: So wie das erste Stück hätte es weitergehen sollen! Oder die Nummer in der Mitte der B-Seite – hach! Wie muss sich davon die ganze LP anhören? Wie sie „drühm“ heißt, steht sogar im Begleittext. Der Zahn tropft – aber: Die Mauer! Die Mauer!
War das eine Messe, als ich dann in den Nullern die „Root down!“ an Land zog! In reparierter ergänzter Form auch noch – also nix mehr „interruped live record“!
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- Das dritte Schlüsselerlebnis im Zusammenhang mit Musikunterricht Klasse 10 wurde dann jedoch mein Bekauf mit der Amiga „Mahavishnu Orchestra“. Die galten vom Hören-Sagen als der Gipfel anspruchsvoller Rockmusik. Ich glaubte ja inzwischen Jazz-Ohren zu haben. Und nun lag da eine LP im Laden. Auf dem Lizenzplatten Hocker hinter dem Ladentisch. Also: Zuschlagen, nicht reinhören. Die ist bald weg! Wird schon!
Falsch. Wie im Falle von Jimmy Smith war hier gestückelt worden. Jedes der 5 Alben der klassischen Besetzung hat aber einen anderen Flow. Und bei denen ist es eh mehr Saitenakrobatik als Melodie! Und so wurde dieser Tonsalat völlig ungenießbar. 16,10 M für die Tonne! Praktisch ungespielt lag die von ca 1978 bis 1980 bei mir rum. Dann: Siehe oben, ging sie den Weg der Puhdys und der Engerlinge über den Jordan. – Zeitchen verging. 1988 lernte ich die „Adventures in Radioland“ dank Rundfunkmitschnitt kennen und lieben. Und um 2000 herum waren alle Nachholkäufe, soweit erreichbar, durch. Also besann ich mich auf Beutefahrt ins Westberliner WOM mal wieder auf Mahavishnu. Es gab nur die „Emerald beyond“, aber die erwies sich nun ebenfalls als gut durchhörbar. Mit der „Birds of fire“ etwas später wurde ich nicht warm. War wohl doch nichts mit den „Jazz-Ohren“. Bissel Fusion. Bissel Easy Listening früh 60er Orchesterdudel, thats all.
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Ein Wandertag der 9. Klasse verschlug uns zunächst nach Leipzig und führte zur Entdeckung des polnischen Kultur-und Informationszentrums. Das hatte vinylne Folgen. Weil es uns The Gun und The Nice LPs eintrug. Siehe hier. Für mich erwies sich die NICE als die wichtigere. Sie enthielt „America“, jene herrliche Bernstein Adaption. Das lag damals genau in meiner Geschmacksrichtung. Die Adaptionen von Exception , electra und Focus hatten mich am Haken. Mein Orgelkonzert-Faible entstand wegen Rick Wakemans „Journey to the centre of the earth“. Pathos! Pathos! Pathos! Help me through the night of fehling Selbstbewusstsein in der Pubertät!
Dauerhafter prägte mich „die Poleninformation“ durch die Entdeckung von SBB, DER Super-Group des Ostblocks. Die SBB III, IV, V rangieren heute gleichauf mit YES und Genesis. In den Nullern leistete ich mir die 22 CD-Kiste mit den 5 Alben, ca 12 Konzerten aus allen Schaffensphasen und ein bissel Bonusklimbim. DAS MUSSTE SEIN! Die laufen heute noch. Wenn auch eigentlich nur 5 oder 6 davon. Aber DER Totalüberblick hat mich tierisch interessiert und war kein Reinfall.
Dann auf nach Berlin. Nächste Klassentour. Dort in der Nähe des Palastes der Republik war das „Ungarische Kultur-und Informationszentrum“. Da wir das „Polnisches KIZ“ nun kannten, waren wir gespannt auf die ungarische Variante dieses Geschäftskonzeptes. Aber oweh!
Da lagen Hermann Hesse- und Karl May Bücher in ungarischer Sprache. Somit war der Autorenname das einzige für uns lesbare. Westlizenz-Vinyl überhaupt keins.
Aber: LPs von ungarischen Bands in Hochglanz-Optik, wie Westplatten. Omegas „Timerobber“ hatte kurz zuvor Furore gemacht, war aber nicht vorrätig. Von Omega nur ihr 1968er Debutalbum „Red star“, ungarisch gesungen.
Von Locomotiv GT ein Album mit Dreifach-Hülle. „Everybody does his own thing“. Sehenswert. Und von Skorpio zwei solche Glitzercover „Ünnepnap“ und „Kelj fel!“
Da für Trips nach Berlin immer die ganze Sippe Geld mitgab: Guck mal, ob‘s dies gibt! Guck mal, ob de das kriegst! Konnte ich alle vier (nach kurzem Reinhörcheck) kaufen. Was elterliches erzieherisches Donnerwetter und wochenlangen Taschengeldentzug nach sich zog.
Aus der Locomotiv GT- und Skorpio-Erfahrung wurde eine Liebe für’s Leben. Die alte Omegaplatte ging 1980 ebenfalls in den Pool: Weg damit. Klang wie die frühen Kinks auf Ungarisch. Das war bei weitem nicht ihre Spacerock/Prog-Phase. Kurz vor der Einberufung ergatterte ich die Omega VIII und IX, also für westdeutsche Kenner die „Skyrover“ und die „Gammapolis“, aber die wurden erst richtig in den spärlichen Kompanie-Urläuben konsumiert. Deshalb ist das dann schon jenseits der EOS-Zeit anzusiedeln.
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Eine Klassenfahrt nach Dessau in der 11. Klasse ließ uns Music-Junkies das Horst-Krüger-Septett entdecken. Die Jugendherberge besaß u.a. eine Krüger-Single, die wie Chicago mit deutschen Frauengesang von Silvia Kottas klang. „Sag nie…“ – Huch!
Die Truppe hatten wir bisher geflissentlich missachtet! Wie geil kann die Mugge von jemandem sein, wenn er sich diesen Opa-jazzigen Namen „Septett“ verpasst? Da wär‘ ja das verdammte „Combo“-Anhängsel fetziger gewesen! Band durfte man ja in den frühen 70ern in der Zone nicht heißen. Bänd war englisch. Und Englisch war Kapitalistensprache. So der Schnack aus Ulbrichts Tagen, der erst Mitte des Jahrzehntes beiseite geräumt wurde.
Peter wusste, dass es daheim im Plattenladen noch alte Krüger LPs geben sollte. Sogar runtergesetzt auf 8.-M.
Er hatte recht. Die LP „Geh durch die Stadt“ von 1972 lag noch verkramt unter anderen Unverkäuflichen 6 oder 8mal herum. Vier von uns kauften vier davon. Prompt versuchte es der Filialleiter mit Marktwirtschaft und stellte die verbliebenen 3 oder 4 wieder sichtbar ins Regal auf Augenhöhe. Aber mehr als wir vier kamen nicht vorbei. Der Krüger-Boom war schon wieder „durch“.
Hört man die „Geh durch die Stadt“ heute, ist sie ein einziges Kuriosum. So richtige „optimistische Liedkunst des Sozialismus“. Man muss titanisch die Texte verdrängen, um die musikalischen Sporenelemente von Chicago und den Bee Gees der „Lonely Days Phase“ herauszuhören.
Die Platte könnte in absehbarer Zeit Sammlerrarität sein. Deshalb hab ich sie noch. Sie knistert auch nicht!
Wer ihr als Wessi gerecht werden möchte, sollte zur Einstimmung erstmal eine von Witthüser Westrupp hören, um sich an den Blödsinn aus eigenen Landen zu erinnern, bevor er diese hier verlacht.
Wenn ich es mir recht überlege, wäre sie mal einen Extra-Post wert. Platten wie diese lehrten uns, auch auf obskuren Alben die ein oder zwei Perlen zu finden, die da durchaus versteckt sein konnten. Der Titelsong und „die Allee“ gehen durchaus ganz gut durch. (Rockmusiker in den frühen 70ern zu sein, hieß, sich textlich diesen zwanghaften Optimismus aufdrücken zu lassen. Das war der Preis, auf Vinyl verewigt zu werden. In der Mitte des Jahrzehnts umgingen die Texter das geschickt mit sehr vielseitig interpretierbaren Allgemeinplätzen, die bald als „Weltall-Erde-Mensch“ Rock bewitzelt wurden. So hieß das Jugendweih-Buch für die 14jährigen. Eine Sozialismus-Bibel über den Wandel der Zeiten, die niemand las, aber alle Teenies feierten die prächtigen Saurier-Abbildungen darin.) — Schließlich stieß ich in einem Plattenladen in Markranstädt dann noch auf jene sagenumwobene Horst-Krüger-Band LP von 1975, auf der sich die Urfassung der „Tagesreise“ befand. Ein absoluter Ostrock-Klassiker; von Michael Heubach 1973 für die Bürkholz-Formation komponiert.
In den 80ern wurde die Horst-Krüger-Band-Platte noch kultiger, weil sie in Bild und Ton festhält, wo sich Tamara Danz vor Silly herumgetrieben hat.
Wenn ich es mir recht überlege, machte der Mangel erfinderisch und schärfte die Sinne, für verborgene Klangschätze. Das bewahrte mich vor der 08/15 Werdung.
Gleis 1 blieb zwar immer die Westradio-Beute, aber das Ostvinyl setzte keinen Staub an und werkelte so reichlich mit an der Geschmacksentwicklung. Amen.
Es war nicht alles schlecht!
Interessant. Ich hätte gerne mehr über „Finlandia“ erfahren. Im Internet habe ich nur einen Hinweis auf Finlandia von Stern Meißen gefunden.
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Stern Meissen und Stern Combo Meissen ist in dem Sinne egal.
„Finlandia“ ist ein sehr gelungene Adaption, ähnlich wie „America“ von The Nice.
Während viele Bands sich an den „Bildern einer Ausstellung“, der „D-Moll-Fuge“, dem „Säbeltanz“ versuchten, verrockte bis 1976 eben noch niemand Sibelius. Also: Eigenständigkeitsbeweis.
Wäre die Band instrumental geblieben, hätt’s auch kein Theater gegeben. Aber am Schluss musste eben auch der Sänger noch was zu tun kriegen – und der Demmlervierzeiler über Freiheitssehnsucht in einem Stück über ein Gebiet, dass nicht zum Ostblock gehörte; in das man halt nicht einfach so reisen konnte – tststs… da erschraken dann wieder so’n paar schmerbäuchige FDJ-niks oder so ältliche „Jugendversteher“ von der Konzert-und Gastspieldirektion.
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Interessante Einblicke.
Solche Musiklehrer hätte ich auch gerne gehabt. Bei uns waren es eher verhinderte Musiker, die halt ein verbeamtetes Auskommen brauchten.
Einer liess mal die Blind Faith auflegen. Hörte ebenso zu wie wir und kommentierte am Ende mit der Frage: Und sowas hört ihr gerne?
Ich schreib mal was dazu, die Reihenfolge halte ich nicht ein. Eben so, wie es mir einfällt.
The Who haben musikalisch was angestossen 1964/65. Danach waren sie MbMn ständig überwertet. Von Quadrophenia vielleicht abgesehen.
Police waren schnell durch. Musikalisch waren Stewart Copeland und Andy Summer waren klar unterfordert. Den Vorläufer von Police, Strontium 90, hat zwei, drei gute Nummern.
„Textbotschaften“ von Hendrix? Beim ihm war es die Gitarre. Lemmy wurde mal gefragt, ob er von Hendrix was gelernt hätte. Er antwortete: „ja klar. Ich habe meine Gitarre in die Ecke gestellt und angefangen Bass zu spielen.“
Von heute aus gesehen, war er ein Genie. Aber heute gibts ganz andere Gitarristen, da würde uns Jimi staunen. Er war halt derjenige, der mit der Friemelei angefangen hat.
Nice, ELP, King Crimson, Genesis waren hier Standards. Natürlich auch Jethro Tull. Was schafft denn deine Abneigung gegen Jethro Tull? Viele Texte müssten dir eigentlich zusagen. Vielleicht ists ja die Querflöte…
Von McLaughlin hatte mich die erste LP Extrapolation abgeschreckt. Die Inner Mountain Flame gefiel mir deutlich besser. Aber die Bird of Fire hat mich allerdings bis heute mit ihm versöhnt. Besonders die Zusammenarbeiten mit Billy Cobham gefallen mir noch immer.
Von Engerling stehen hier Blues (1978) und Tagtraum (1981). Ich hatte lange vergessen bis es zur der Zusammenarbeit mit Mitch Ryder kam.
Omega liefen hier in Dauerrotation mit Omega III (1974). Ich überlege, warum ich die überhaupt hatte. Und nehme an, es war das Label Bacillus. Auf diesem Label wurden einige Progbands verlegt, die mir damals gefielen. (z.B. Karthago, Nektar, King Ping Meh usw.)
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Danke, danke. Schöner Rundumschlag, der sich auch noch auf die „15 Alben“- Texte bezieht. Ja, die ca. 5 Jahre Altersunterschied machen sich da prägephasen erklärend bemerkbar.
„Blind faith“ – brauch ich auch nicht. 🙂
Bei WHO hast du zwar recht, aber lieber als Beatles und Stones sind sie mir dann doch.
Sie gaben einem halt so die Chance, das „dritte Lager“ zu sein.
Manchmal habe ich bis heute so Anwandlungen: Mit welchen deiner Stars hättest du mal Lust gemeinsam zu grillen, um von alten Zeiten zu schwärmen?
Und da seh ich eher Daltrey und Townshend bei mir im Garten sitzen, neben Rod Stewart, Elvis natürlich und Jon Anderson, als die vergammelten Glimmertwins oder Lord McCa.
Prince schätze ich ja musikalisch sehr, aber persönlich hätt ich mir den auch nicht zumuten wollen – mit all seinen Allüren.
Diese Police-Buben neben Sting, nun ja. Die spielten zuvor bei guten Bands, brachten danach aber auch keinen Fuss mehr auf die Erde. Die waren also immer drauf angewiesen, dass da noch irgendjemand in der Band die Songs schreibt.
Omega III, Huch! Die kenn‘ ich gar nicht. Müsste die Phase gewesen sein, als sie so in Uriah Heep/Deep Purple Richtung unterwegs waren? Keine Ahnung. Die VII, VIII, IX waren die 3 spitzenmäßigen Progalben, die in dem abschließenden „Elö Omega“ Live-Doppelalbum von 1979 gipfelten.
Zu Hendrix hab ich neulich das hier gefunden und fand das sehr interessant.
http://www.youtube.com/watch?v=Xjqr2xAcMFM
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