Späte Erkenntnis

Spät aber dennoch! Grateful Dead!

Mir passierte es mehrmals in meiner Musicjunkie-Laufbahn, dass ich im falschen Moment auf Bands stieß, die eigentlich Aufmerksamkeit verdient hätten, mich aber nun auf dem falschen Fuß erwischten.

Grateful Dead sogar mehrfach.

Aber auch Little Feat, Uriah Heep, Gentle Giant, Deep Purple…. Sogar die Stones brauchten Zeit, weil mir in der Glam-Zeit „paint it black“ als Erstkontaktnummer unterkam und nicht gefiel. Das klang mir damals wie Russenrock. Und das sollten die „wilden“ Rolling Stones sein?

In all diesen Fällen wandelte sich die anfängliche Abneigung auf den zweiten oder dritten Hör dann aber doch. Jedoch blieben das alles so „Nebenbei-Bands“ für mich. Ein oder zwei CDs: Reicht!

Deep Purple schafften es erst in den späten 90ern, dass immerhin 5 CDs hier einzogen und (relativ stetig) auch zum Einsatz kommen. Allerdings eher NICHT die großkopferten „legendären“ der Mk II.

Die Deads jedoch?

In diesem Frühjahr sind sie nun für mich die, die das richtige Tempo haben – also – ähem – grins: Keins.

Neuerdings mag ich dieses In-Sich-Ruhen. (Sieht ganz auch nach’nem Portishead-Revival aus, demnächst)

Da gibt es diesen Kanal „Across the borderline“, auf juuuu-tuup, der präsentiert viel so Wüstenrock, Americana-Sachen. Dort wurden Greatful Dead unlängst mal zum Schwerpunkt – und es zündete.

Die Deads trafen erstmalig auf meine Trommelfelle, als ich noch in meinen Anfängen steckte: BTO, Slade, T.Rex. Ja es sei gestanden: Auch Kennys „Come on everybody to the bump!“ erscholl häufiger im Kinderzimmer! – Knall’n musses! – Hello! „…are back! Back in the New York- NEW!York!- Groove!“ Da spielten die im Radio irgend so ein längeres Gefrickel, weil der Moderator ne Kaffeepause haben wollte, und behaupteten, dass das eine wichtige Band sei. Pruuuust!

Mit 15 bist du klüger! Gesetzmäßig! Blitzmerk: Das war nix!

Zeitchen verging. Frühe 80er. Studentenzeit. Meine beiden Raumteiler so die Fleischerhemdtypen. „Hirschbeutelblueser“, wie sie nur die DDR kannte. Wir kamen musikalisch und literarisch aus unterschiedlichen Welten und erweiterten unsere Horizonte gegenseitig mit Erfolg. Ich gab ihnen den Pankow- und Interzone/Grauzone/Spliff-Virus weiter. Sie mir die Beginner-Infusion zur Neil Young-Liebe, ein Dylan-Revival, ‘ne kurze Doors-Phase – und sogar der Maffay schien uns dreien damals „kurz vor gut“ zu sein: „Wenn die Hand ins Leere greift…“ Aber das erwies sich als Verirrung.

Irgendwann in Semesterferien sendete „Duett“ auf Berliner Rundfunk eine halbe Stunde Grateful Dead „im Konzert“.

Dat wa‘ aba wieda nix! Sogar unser Oberhippie brach damals die Aufnahme ab, stellte sich heraus, als wir wieder zusammenkamen.

Zur selben Zeit erschien in der Ehemaligen dann auch noch das sehr informative Buch „Open Air“, das sich den legendären Festivals einschließlich Altamont widmete und abschloss mit der lapidaren Einschätzung, dass „bei Lichte besehen“ die LP-Ausbeute der amerikanischen Flaggschiffe jener großen Zeit „im Falle der Deads, Country Joe & the Fish und Jefferson Airplane“ doch recht dürftig ausfalle.

Das war so eine von den Watschen, die mir richtig erschien. Kurz zuvor gingen im Studentenwohnheim zwei erbärmlich miese Airplane-Alben um und niemand wollte die aufnehmen, geschweige denn kaufen. Das eine hieß „Bark“ und den Namen des anderen hab‘ ich vergessen. Dieses „Hörerlebnis“ erledigte die Lust auf die Deads gleich wieder mit.

Und keine 40 Jahre später…

… kam auf Juuuu-Tuuub die oben erwähnte Sendung und es fiel der Satz,

„…dass Grateful Dead ja „so’ne Band wie Quicksilver Messanger Service sind“.späte güte4

Zisch! Da schlug der Blitz ein!

Ja – deren CD „Just for love“ feiere ich seit geraumer Zeit. (Die wär‘ auch mal einen Post wert.)

Ich hörte mich also durch ein paar Juuuh-Tub-Tracks der Deads durch und kaufte dann zwei Scheiben: Das Debut und die „American beauty“.

Volltreffer. Zukünftige Erweiterung nicht ausgeschlossen.

„American beauty“ ist das schönste Eagles-Album, dass es nie gab!

späte güte2Die Eagles in den 70ern waren für mich allzeit eine wichtige Band. Jedoch verunzierten sie alle regulären LPs trotz zahlreicher Hits und Highlights mit unerträglichen Graupen. Deshalb reichte mir lange Zeit ’ne Best of von denen. Erst die sehr späte „Long Road out of Eden“ ist ein vollständig genießbares Album geworden.

Das Debut der Deads ist wieder so ein seltsamer Fall der Stilsuche einer Band am Anfang ihrer Karriere.

Das Album startet mit der Graupe und auch der Rock&Roll Versuch in Track 2 geht eher ins Beinkleid, aber dann auf einmal wirken sie wie ausgewechselt!

späte güte3„Good morning little schoolgirl“, der Hit von Ten Years After (auch so’ne Truppe, mit der ich nie warm wurde. Vielleicht kommt ja auch das noch.) hatte mir noch nie gefallen. Das klingt bei TYA so wie’ne Aldi-Version von Rory Gallagher Tunes. Hier aber hat das so einen irgendwie kalifornischen Touch von hart&weich zugleich. Es rockt und schwebt – gefällt mir sehr! Und hinterher kommt „Morning Dew“ und haute mich beim ersten Mal komplett aus den Latschen! Dass man nach der mysthischen Nazareth-Version da doch nochmal ganz anders überrascht werden kann, erschien mir unmöglich – aber – WOW! Herrlich! Das Schoolgirl und der Dew. Das ergibt so einen inhaltlichen Zusammenhang! Und musikalisch sich ergänzende Zwillinge. Untrennbar! LP Höhepunkt! Und die Tracks danach, die halten das Niveau! Geile Platte mit schwachem Start. Wie ne Musikkassette früher in’nem halbkaputten Recorder: erst leierts, dann nimmts Fahrt auf, dann funzts ordentlich.

(Die beiden ersten Tracks hab ich mir inzwischen auch „schön gehört“. Was bei Track 2 besser geklappt hat, als bei Track 1. Es is‘ eben wie Pawlowscher Reflex, die CD mit Track 2 zu starten.)

8 Gedanken zu “Späte Erkenntnis

  1. Moin!
    Hm, Grateful Dead? Wie oft in meinem langen Leben als Musikhörer habe ich es schon mit denen versucht und …. nichts hat bisher gezündet. Soll ich mir das YT-Video ansehen? Habe ich dafür Zeit? Eher nicht. Aber irgendwas muss doch (!) dran sein, an Grateful Dead, andere schwärmen immer wieder von deren Musik.
    Hm, welches Album soll ich mal ausprobieren, die 2, die du weiter unten genannt hast?
    Gestern auf dem Flohmarkt lief so ein Alt-Hippie mit einem total verwaschenen Grateful Dead T-Shirt rum.
    Dachte mir dann, was ist bloß dran an der Musik von denen.
    Gruß BB.
    🙂

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    • Genau so gings mir all die Jahre!

      Bei Fast’n’loud (DMAX) ersteigerten die Gas-Monkeys einen abgeranzten völlig versifften Tourbus der Deads von so einer lebenden Hippieruine für kleines Geld und fanden DEN Sammler der für die nur geputzte Karre grooooße Scheine löhnte.

      Die sind eben ein Denkmal.

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  2. Die richtige Zeit für eine bestimmte Musik ist das Eine. Für mich war und ist Grateful Dead eine andere Abteilung. Für einen Dead-Head fehlt mir die kritiklose Bandbreite. Ich glaube, Aoxomoxoa oder von 1969/70 Live/Dead war mein erste Begegnung mit GD.
    Und sofort war da etwas Zweispältiges. Das ist bis heute so geblieben. Mal fand ich das langatmige Gitarrengefrickel nervig, dann wieder gefiels mir. Dafür gefielen mir zeitweise die langsameren Stücke. Zeitchen später wars dann genau umgekehrt. Den Grund dafür weiss ich bis heute nicht. GD hat natürlich auch mit verschiedenen Stilen gespielt. Aber das haben andere Bands auch.

    Ich habe nur Aufnahmen bis 1977. Den Höhepunkt erreichten Grateful Dead mMn Anfang der 70er Jahre. Von Live/Dead bis Europe ´72. Auf der Europe ´72 ist meine Liebelingsversion von Morning Dew. GD haben auch einige andere schöne Coverversionen. Das 72er Album würde ich Interessierten empfehlen. Da ist die ganze musikalische Bandbreite zu hören. Die Scheiben zwischen 1972 und 1977 stehen hier zwar noch, aber daraus käme für mich nur noch eine Kompilation in Frage.
    Von was ich auf jeden Fall abrate sind Kooperationen z.B. mit den Beach Boys oder Bob Dylan. Das ist stark verdünnte GD Musik.

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    • Da hör ich mal rein.
      Mit Bandbreite ist das so ein Ding. Kann nicht jede Band. Terapin Station hab ich auf juuu tuuub gehört. Die hat Bandbreite, aber es wirkte Zerruppt. 1980 habe ich ihren Rockpalastauftritt verpassen müssen. Prora . 2007 war 30 Jahre Rockpalast. Da hab ich sie dochnoch zu sehen bekommen . Vollständig the Who/Grateful Dead. Das gefiel mir sehr. Aber es gab seinerzeit für mich interessantere Fälle.

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      • Ich habs ja geschrieben: bis 1977. Da kam die etwas wirre Terrapin Station raus. Da hatte ich dann „interessantere Fälle“.
        Den 81er Rockpalast habe ich in unguter Erinnerung. Was habe ich als Bub The Who bewundert. Mit diesem Rockpalast wars dann für mich vorbei mit der Bewunderung. Eigentlich begann das schon mit der Quadrophenia. Aber das ist ein anderes Thema.
        An den Auftritt von GD im gleichen Rockpalast kann ich mich nicht mehr erinnern.

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      • Genau das ist ja der wunde Punkt sich wandelnder Wahrnehmung. Hätte ich die GD damals in den 80ern gesehen: Ich hätt’s als öde empfunden. Und vor allem viel zu lang. 2007 fand ich das virtuos. Von mir aus hätte das noch ne Stunde länger gehen können! Ich mochte ja bereits die Garcia/Grisman.

        Die Who hätten mir 81 und 2007 gefallen. Damals mochte ich noch die „Who are you“. Das hat sich mit den Jahren erledigt. Die verachtete „Face Dances“ ist mein Who-Lieblingsalbum geblieben.

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