Jeff Beck is gone

Mit 78 Jahren und einer Gehirnhautentzündung.

Wieder einer der ganz Großen.

Vorallem die Blueser-Fraktion wird heute trauern. Ein wenig. Soweit sie ihn auf dem Schirm hat.

Denn: Fragt man nach DEN 5 Gitarren-Heroen, dann käme bei den meisten Musikjunkies wohl eher irgendwas aus dem Pool der Hendrix, Clapton, Blackmore, Allman, Gallagher, Page – eventuell noch Satriani oder Vai heraus; wer hätte da den Beck auf dem Schirm?

Nun gehöre ja ich nicht zu jener Art von Leuten, die „Bluuuuues“ nur kniend in Bet-Haltung aussprechen können.

Clapton-CDs halte ich gar für tongewordenes Valium.

Aber Beck war vielseitiger.

jeff1Sein Ausflug in den Fusion Mitte der 70er bescherte sowohl ihm, als auch Stanley Clarke die wohl hörenswertesten Alben ihrer jeweiligen Solokarriere.

Spielen konnte er ALLES.jeff2

Aber er stand sich auch selbst im Weg. Zickte herum. Verpasste so für dies und das den richtigen Zeitpunkt.

Beck,Bogart&Appice klang wie „nachgemachte“ Cream.

Die Jeff Beck Group wilderte im Bereich von Humble Pie, die aber die Nase vorn behielten.

Als er kurz vor Erscheinen der „Black & Blue“LP Stone werden sollte, zerschlug sich das im letzten Moment. Mick wollte ihn, aber Keith wollte nicht zwei intellektuelle Spinner in der Band.

In Erinnerung blieb mir auch eine Ansage von Uschi Nerke in einem späten Beatclub der frühen 70er, kurz bevor Musikladen draus wurde:

„Die in ihren Programmzeitschriften angekündigten Beiträge der Jeff Beck Group und (zweite Band vergessen) entfallen, da die beiden Bands mit ihrer Arroganz eine Aufzeichnung unmöglich machten.“

Peng!

Einmaliger Vorfall.

Und das Leckebusch-Team war mit Stieseln wie Keith Emerson und Richie Blackmore fertig geworden! Welche Art Schauspiel hatten die Jeff Beck Group und (ich glaube es war) Pacific Gas & Electric da geboten?

So veröffentlichte er Platte auf Platte. In den Musikgazetten zumeist hochbesternt, aber stabil unterhalb des Radars sehr sehr vieler Musiksüchtlinge. In mittlerweile fast 50 Jahren Musik-Tropf-Abhängigkeit meinerseits ist mir tatsächlich niemand begegnet, mit dem ich mich mal hätte über Jeff Beck unterhalten können.

Auch in meinen CD Regalen befinden sich Beck-Töne lediglich auf der „Black&Blue“ der Stones und auf einer Stanley-Clarke-Kompilation.

Eigentlich traurig bei der eingestandenen Vielseitigkeit des Herrn.

So wird er wohl in absehbarer Zeit den Malmsteenweg gehen.

Zumal er Hitparadenkram eher vermied.

Hoppla, bis auf „She’s the Boss“ seinerzeit. Laki-et-laaf-eim-so-lacky-et-laaf…. Er muss superdick befreundet gewesen sein mit Olle Mick, wenn er sich nicht gewehrt hat, diesen Müll mit ihm einzuspielen.

Naja, die 80er eben.

jeff4a„People get ready“ auf der „Flash“-LP ende der 80er mutierte zu einem unerwarteten Airplay-Hit hier und da und deshalb sollte es eine Tour geben. Beck und Stewart wiedervereint, wie einst in der Jeff Beck Group – aber „man fand keine gemeinsamen Termine“. Nun ja. Oder man hatte schnell wieder „genug vom jeweils anderen“.

Eventuell bestand ja Rod auf seinem damals aktuellen „Baaaaaybi Dschejn“-Heuler für’s Konzertprogramm und da sprach Jeff: „Ich hab noch genug von „Lucky at love“!“

Wer weiß!

Andererseits: Als Paul Simon für Dion anrief, gab es bei Mr. Beck kein Zaudern. Da war er dabei.

jeff5Das letzte dicke Medienlob fuhr er ein mit der „performing this week“ (live at Ronnie Scott’s), soweit ich weiß. Muss so ende der Nuller Jahre gewesen sein.

Auch die Zusammenarbeit mit Johnny Depp klingt eigentlich nicht übel. Da staunste auch, was der Depp so alles draufhat, abseits seiner albernen Karibikpiratenrolle.

Aber angeschafft wird davon eher nichts. Kommt mir die Lust auf einen Guitar-Hero ein, dann gelangt einer der oben erwähnten Herren in den Player oder Benson, oder Robertson, oder Buchanan…oder…oder…oder.

Nu isser da oben – und streitet mit Jimi, wer die „first Soli“ kriegt, bei den halbjährlichen God Father Jams.

Dann gewittert‘s bei uns…

…weil Rory lacht.

Nix für ungut. Jeffchen. Rock on Alter!

11 Gedanken zu “Jeff Beck is gone

    • Wenn’s in der Nähe gewesen wäre, wär‘ ich auch hingegangen. Das Ronnie Scott’s Ding hab ich irgendwann mal zu Silvester auf 3sat gesehen. Das war wirklich anhörbar. Aber naja. Siehe oben.
      Im Ernstfall doch lieber die anderen.

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  1. Hier steht ganz viel Jeff Beck rum. Schliesslich machte er schon mit den Yardbirds Furore. Für die damaligen Zeiten jedenfalls. Auf meinem Tonband startete er. Und folgte mit Vinyl und erklang schliesslich auf CD.

    Die frühen Sachen höre ich allenfalls nochmal spät abends aus nostalgischen Gründen. Die ersten Besetzungen der JBG mit dem Small Faces Rest und dann Rott Stuttgart sehe ich heute als Zwischenstation auf seinem Weg zu individuellen Entwicklung.
    Interessanter ist die vierte oder fünfte Besetzung mit Cozy Powell am Schlagzeug. Die „Rough & Ready“ geht noch immer als solider durch. Den Gesang von Bob Tench kann man mögen; ich mag ihn weniger. Er begegnet(e) einem aber auch in etlichen anderen Formationen. zB. bei den Streetwalkers.

    Interessanter wars dann Mitte der 1970er Jahre. Nach einem Versuch in Hardrock mit B,B &A – was war ich stolz, dass ich die DoLp Live in Japan hatte, die es hier offiziell damals nicht gab – wird bei JB jazziger.
    Nachdem ich die „Wired“ ziemlich frisch fand, folgte 1977 „Jeff Beck With the Jan Hammer Group Live“, und diese Scheibe läuft noch heute jährlich.

    Ich habe ihn dann ein bisschen vom Schirm verloren; schliesslich hat er für den langen Zeitraum ja ziemlich wenige Platten veröffentlicht.

    Die 1992er „Lotus Gem“ mit Santana und Steve Lukather habe ich erst später entdeckt. Heute macht sie mir richtig Freude.
    So richtig nahe gekommen ist er aber 1999 mit „Who else“. Da zeigte sich mir, wohin der Mann eigentlich wollte. Neue Töne. Oder, ich zitiere aus der Erinnerung, „ich will dem Publikum nicht zumuten alle paar Jahre immer wieder dasselbe von mir zu hören.“
    Auch mit seinen darauf folgenden Alben hat er mich durchweg positiv überrascht. Die „Exhaust Note“ live im Ronnie Scott´s hatte auch ohne Clapton nichts von ihrer Intensität verloren.

    Was der Zweck der Kollaboration mit Johnny Depp sollte, wird er mir nun nicht mehr erklären können.
    Jeff Beck live war beeindruckend. So viele musikalische Eindrücke mit so wenigen Fussschaltern. Ich habe Queen nie live gesehen, stelle mir jedoch vor, dass Brian May ein ganzes Arsenal zu seinen Füssen hatte.

    Meine Playlist des Tages ist ein Rundumschlag durch fast sein gesamtes Schaffen.

    Es werden in der kommenden Zeit einige sterben, die mir näher gewesen sind als andere in den vergangenen Jahren.

    Wenn man, wie Du nicht auf Blues steht, fallen mindestens 60% seiner Werke hinten runter. Macht awwer nix, es gibt ja auch andere interessante Musik. Schönen Dank für Deine Erinnerung.

    R.I.P. Jeff Beck

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    • Schöne Ergänzung. Danke.
      Ich kann dazu nur sagen: Nach jedem Loblied über ihn in New Musical Express oder Eclipsed usw. hab ich die jeweiligen Alben dann im WOM und anderswo angetestet – und da erlebte ich dann so dies und das, was mich vom Kauf abhielt:
      Die größte Enttäuschung war die „Guitar shop“ um 90/91 herum. So ein Lobgehudel und so ein cleanisch tot produziertes Etwas! Es lebe die Reinhör-Bar im WOM! Da wär ich doch fast reingefallen! Die „Who else“ klingt wieder natürlicher – aber es reichte auch da nicht: Wenn man beim WOM-Ausflug von all den Allmans und Bensons umgeben ist, die man noch nicht hat und nach Kiev Stingel, Pere Ubu, Jon Anderson sucht , undundund – da hat man dann für so einen Kaufversuch(Obs nach dem 5.Hör noch klick macht?) kein Geld übrig.
      Die „Blow by blow“ sticht mir noch eher in die Nase: Wenn irgendwann mal eine von ihm, dann die!

      Aber hier steht schon soviel Gutes. 🙂

      Momentan läuft Camel’s „Mirage“. Ich hab eh keine Zeit Jeff Beck zu hören.

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      • Mirage – solider mittsiebziger Progrock. Pete Bardens war auch so ein Frühgegangener. Der passt in meinen obigen Satz. Anfang der Nuller Jahre habe ich kaum noch Mirage, Snowgoose oder Moonmadness gehört. Bardens war einfach weg.
        Das hat bei mir anders gewirkt als bei Bowie, Charlie Watts oder eben Jeff Beck…

        Die Guitar Shop wurde in meinem Umfeld bejubelt – ich habe bis heute nicht verstanden aus welchen Gründen. Würde ich die heute ohne Vorankündigung abspielen, manch ein Lober von damals wüsste nicht mal mehr, von wem das Stück wäre.

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    • Nicht “meine“ – UNSRE sollte das heißen. Naturgemäß gehen ja Idole voran, da sie älter sein müssen.
      Aber langsam bekomme ich ein neues Verständnis für den Satz meiner Großtante: “Alle, die ich mochte, sind schon tot. Mich hat der liebe Gott wohl hier vergessen?“

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  2. Ich habe mir gleich She’s the Boss angehört. 1985 brachte ich mir die Platte aus Ungarn mit. Von dem kraftvollen Sound war und bin ich begeistert.
    Auf der Innenhülle waren die Liedtexte abgedruckt. Ich machte mich gleich daran, sie zu übersetzen. Das war dann eine wichtige Inspiration für meine eigenen Gedichte. Meine Übersetzung von 1/2 a Loaf fand ich auf demselben Papierfetzen wie die Entwürfe meiner Gedichte. (Seltsamerweise dichtete ich damals auf Packpapier.)

    Leg Dir die Platte auf und hör sie laut! Von Anfang an! Das bläst die trüben Gedanken aus dem Kopf.

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  3. Einsam an der Spitze
    Ein halbes Leben
    (…)
    Eine harte Frau
    Noch eine Nacht
    Glück in der Liebe
    Geheimnisse
    Herrin

    Klingt das nicht wie das Inhaltsverzeichnis eines Heyseschen Novellenbandes?
    »Heyse, der geborene Erotiker, der geborene Versteher des sexuellen Problems«, wie Laura Marholm 1892 schrieb.

    Aber nein, es ist die Titelliste von Jaggers erster Soloplatte. Und, wenn ich die ganzen Songs resümiere, die ich in den letzten Tagen von Jeff Beck gehört habe, enthält sie auch dessen Bestes. So wie von Mick Taylor nur dessen Stoneszeit geblieben ist. Genies brauchen einen Vorgesetzten, der ihnen den Takt vorgibt.
    „People get ready“ ist eine klebrige Schnulze.

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    • „It’s the singer – not the song.“
      Jagger als Heyse der Neuzeit oder eine seiner Figuren?
      Sensationeller Einfall, wenn Jagger aussähe wie Bowie oder wie der schlanke Elvis seinerzeit bis ca 1970. Aber Jagger sieht nun mal aus wie Jagger – also mehr der verhungerte Quasimodo des Rock&Roll.
      Für ihn kämen da eher die Parts der Strolche, der Feen-Verderber in Betracht.
      Er wär immer der, der den Guten am Ende im Duell erschießt.

      Die Geschmäker sind halt so.
      Die „She’s the Boss“ war nie mein Fall und die wird’s auch nicht mehr.

      Jeff Becks beste beidenLPs sind für mich die „Blow by blow“ und die „Wired“. Also, wenn ich mir von dem tatsächlich mal was anschaffen sollte, dann eine davon. Aber, wie gesagt, die Welt kennt viele tolle Gitarrenhexer – und davon steht einiges hier. Andere fehlen gänzlich – werden aber auch nicht vermisst.

      „People get ready“ ist ein alter Gospel, vermutlich tatsächlich aus dem 19. Jhd., in der Fassung der Chamber Brothers catcht er mich am meisten. Die Stewart/Beck Version ist aber auch ganz herrlich. Kitschig – würd‘ ich gelten lassen. Weil ich zwischen gutem und schlechtem Kitsch unterscheide. Stewart/Beck wagen hier guten Kitsch. Und es funktioniert.

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