Die Mappe

Beim Zerreißen alter beruflicher Hinterlassenschaften fiel mir neulich ein längst vergessener blauer Hefter in die Hände. Meine Schreibversuche aus den 80ern. Manches davon geht heute noch.

Hier eine Kostprobe. Ein Gedicht – oder Songtext – für irgendwann einmal:

Traumland

 

Neulich kurz nach Mitternacht –

Ich schlief erschöpft und hatte einen Traum

Der war so wüst, doch bin ich nicht erwacht

Und konnt ihn nachher nicht verdaun

Ich kam in eine Trümmerhalle

Vier Meilen nach der Ewigkeit

Ich sah dort meine Helden, alle

Ohne Rücksicht auf die Zeit

Das Panorama welches bald

Meinen ganzen Traum erfüllt

Ward außerdem vom großen Meister

Mit Gruseltypen aufgefüllt

Die Frage ist: Wer ist der Meister? Tübke, Oehme oder Bosch?

Herr Walther satz uf ejnem Stejne, bei ihm Jagger und Ernst Mosch

Unsre einzige Tamara wäscht Johnny Rotten grad den Kopp

Hinter ihr raucht Gustav Mahler Zigaretten aus’m Shop.

Ein Stückchen weiter tanzt die Toyah mit Prince und Schöbel Ringelreihn.

Das sieht der Bowie und muss grinsen, stellt sich belustigt zu den drei’n.

Gojko und Mozart machen eben nen Gitarrenworkshop auf.

Lindenberg liest die Reklame. Im Gehen lallt er: „Pfeif ich drauf“.

Die „Incantations“ füll’n den Äther, jedoch der Beethoven schlägt zu.

Trifft exakt den Plattenteller – und augenblicklich ist dann Ruh.

Black Music wird nun angesagt, schnell entsteht ein Kreis.

Hinein tritt Roy und es erklingt prompt seine Schnulze „Ganz in Weiß“.

Doch dann bricht ein Gewitter los: „Wir sind die Kekse! Live on Stage!“

Und in der letzten Reihe grinsen Felix Dahn und Jimmy Page.

Die Nacht verfliegt, auf Ihren Schwingen

Hör ich vorm ersten Hahnenkräh’n

Lift noch die stille Stund‘ besingen –

Und bin gezwungen – aufzusteh’n.

(25.04.1986)

Inzwischen würde ich einige Namen auswechseln. Besonders der Mozart wirkt kurios. Mit dem hat ich nie viel am Hut. Dass der hier auftaucht, hat mit Falco zu tun. „Er war ein Punker und er lebte in der großen Stadt …“ Time goes by.

5 Gedanken zu “Die Mappe

  1. Ich habe noch meine selbst erdichteten Liedtexte aus meinen Jugendjahren auf irgend einem Speichermedium lagern. Die werde ich ganz sicher nicht veröffentlichen.
    Dein Text passt halt zum Zeitgeist der 1980er Jahre. Übrigens, hast Du Dir den Dreiteiler „Der Palast“ angeschaut? Anscheinend nicht, sonst wäre längst ein Blogeintrag von Dir draußen.

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    • Ich hab den ersten und den dritten Teil gesehen. Tja, wollte dann erst per Mediathek noch die Mitte nachholen, kurz darauf aber auch wieder nicht. Schade um die Lebenszeit. Es war Kästners doppeltes Lottchen in schlecht. Teil 1 hölzern, voller unerklärlicher Sprünge und Plötzlichkeiten. Vom Teil 3 war ich dann angenehm überrascht. Da wurde dann einiges bissel nachgebessert. Aber der Plot an sich bleibt ärmlich. Die Kostüme für die Zeit falsch. Nirgends Vokuhilas und Snowjeansanzüge!
      Die Showausschnitte im Stil von heute. Nix im Emöke& Susen Style. Es wär also wieder ein Verriss geworden.

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      • Ich habe mit Spannung den 3. Teil erwartet und stellte gleich zu Beginn fest, dass das ZDF Untertitel vom 2. Teil einblendete.
        Für einen Guthörenden ist das zwar nicht ganz nachvollziehbar, aber als Schwerhörige fühlte ich mich vera….t und drehte nach ca. 20 Minuten den Fernseher ab.

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      • Ach du lieber Gott! Die verlernen also nicht nur das Filmemachen, sondern auch noch den Service? Na da zahlen wir doch gleich noch mal so gerne diese Phantasiebeiträge, die ja sooooo nötig sind, „um Qualität zu halten“. Grummelgrummel.

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