Marvin is gone. 74 ist er geworden. Das ist okay. Die meisten hätten sowieso nicht erwartet, dass einer mit DER Gesundheit so lange macht. Marvin kennt keiner unter seinem normalen Namen: Marvin Lee Aday.
Und dem oft verprügelten, heftig gemobbten Loser würde heute auch keiner einen Nachruf schreiben, wenn er Truckdriver, oder Klempner geworden wäre.
Aber er wurde MEAT LOAF!
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Der „Fleischklops“ – so schimpften sie ihn schon in der Schule. Aber er trichterte es ihnen ein: Aus der Beleidigung mache ich eine Kultmarke!
Er begab sich auf den DENNNOCH-TRIP! Mit Erfolg!
Schlangestehen werdet ihr Arschlöcher, um in meine Konzerte zu kommen! und wenn ihr mich reich genug gemacht habt, fahr ich im Cadillac zum Golfen! Und ihr geht arbeiten. Kiss Ass!
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Jede Generation hat „ihr’s“. Ihr Fanal! Die Hymne, bei der alle Augen strahlen, auf die sich alle einigen können! Wer bot den Soundtrack MEINER Zeit in den späten 70ern?
Supertramp? Kiss? Die Pistols? Bakerstreet? Nightfever? Bohemian Rhapsody?
Unsere Vorgänger hatten da so Sachen wie „Satisfaction“, „Hey Joe“ oder die, die knapp vor uns waren und nur noch wenig Vorsprung hatten, feierten „Easy Livin‘“ und „Smoke on the Water“ ab. Wir schon auch, aber eben nur „nachgemacht“, weil es die „Großen“ so machten.
Aber eines Tages. Im Jahre 1978. ARD-Musikladen. Wie immer um diese Zeit voller Disco-Müll. Es war die Zeit des 60er-Jahre-Oldie-Verschandelns: Blonde on Blonde, zwei Busenwunder, säuseln „Whole lotta love“, Gilla hampelt zu „We gotta get out of this place“, Stars on 45 leiern Beatles-Refrains durch die Disco-Moulinette. Nur Mist! – Und mitten drin – 5 Minuten Erdbeben:
Meat Loaf „You took the words right out of my mouth“. Danach war die Welt eine andere!
Paar Tage später Radio-Mitschnitt-Beute: Der Titelsong der LP in voller Länge, aber eben in Mono, deireckt from se Kofferheule aufgenommen: „Bat out of hell!“ Wie muss das erst in Stereo klingen!
Paar Tage später zwingt „Paradies by the dashboardlight“ zum Wörterbuchaufschlagen, was das ist – und sorgt für rote Ohren, nachdem sich der Text erschließt.
Aber der Schlachtruf schlechthin wird:
„All revved up and no place to go!“
Auf zig Schreibblockdeckeln verewigt.
Unüberhörbar: Der singt, wie’s is: Aufgedreht – aber orientierungslos! Summertime Blues für die späten 70er! Du bist 18, weißt nicht wo hin mit dir, bzw. woher du all das herankriegen sollst, was du glaubst, besitzen zu müssen! Lebensgier, Liebesgier, Besitzwunschträume, Berufswahldrama, Fahneschiss. Der Most in dir quirlt sich zum „angry young man“ zusammen. Dein Deutschlehrer versteigt sich alle 3 Wochen vor der Klasse zu dem Satz:
„Sie, als angehende Abiturienten, verfügen nun über den höchsten Grad an Allgemeinbildung. So schlau wie jetzt werden Sie nie wieder sein!“
Aber was nützts? Du stößt an tausend Wände, verhedderst dich im Marionettengestrüpp, an dem man dich fernlenken will – und nirgendwo’n Kattermesser! Oder ein Maschinengewehr!
Nun. Das mit dem Maschinengewehr – DER Mangel wurde bald behoben. Prora nahte – die Einberufung war absehbar und verschlimmerte die innere Befindlichkeit. Aber der Plattendealer dort – DER besaß die „Bat out of hell“! Spark in the dark! Nach der Fahne nahm ich sie auf.
Meat Loaf bot die Power detonierender Panzer-Hallen, während sich der EK mit verrußter Uniform aus dem Qualm schält, leicht blutend und verdreckt über die Leiche seines Spießes steigt und die wartende Braut umarmt.
Hollywood-Happyend-Kuss. Kameraschwenk gen Himmel: Elvis grüßt grinsend von oben, weil es sich anhört, als sei sein Las Vegas Orchester auf Metal-Abwegen.
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Meat Loaf ist tot. Sein letzter Hit ist 29 Jahre her.
Er bot Rockarien vom feinsten. Er war der Wahnfried des Rock&Roll!
Vergessen wir all die Murks-Alben während der Karrieretäler, die Nebenrollen in diversen Filmen, die meist mieser als seine Videos waren. Es bleiben drei Alben für die Ewigkeit:
Bat out of hell — Deadringer —- Bat out of hell II.
Ich kann mich unmöglich auf EINEN Song festlegen.
Ist es „Bat out of hell“ mit all seiner Dramatik?
Die Dashboardlight-Mini-Oper?
Ist es die Wut von „All revved up“?
Oder die von „Peel out“?
„More than you deserve“?
„Objects in the rear view mirror“?
Oder sind‘s doch die wahrwerdenden Rock&Roll Dreams?
Es ist das Phänomen Meat Loaf als Ganzes!
Die Besessenheit. Die Power.
Songs from the Past. Ich hab ihn lange nicht gehört. Heute war der Tag, ihn aufzulegen.
… If life is just a highway, than the soul is just a car.
And objects in the rear view mirror may appear closer than they are…
Heute warst du mir wieder ganz nah. Alter Warrior! Und mit dir meine Jugend.
Mach‘s gut. Du rockst das da oben.
Wir waren damals sehr jung, aber wir fuhren auf „I’ll do anything for love“ ab und ich konnte mich auf MTV an diesem Video, das an „Die Schöne und das Biest“ erinnert, nie sattsehen.
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Yep. Das hat mir auch sehr gefallen – bis ich das zu „Objects in the rear view Mirror“ zu sehen bekam. DAS war dann nochmal ne Steigerung.
Schade, dass der Comeback Erfolg damals’93 wieder nicht anhielt.
Steinman und er haben sich danach gleich wieder verkracht. So dass wieder nur Halbgares an Folgealben entstand.
Ich hab mir ja seinerzeit die „Deadringer“ schöngehört, weil ich die „Bat out of hell“, die ich bis 1990 nur als als Bandaufnahme hatte, nicht abdudeln wollte. Nicht, dass die „Deadringer“ schlecht wäre. Die ist aus dem selben Muster gestrickt, nur sind die Ausraster eben ein bissel zündender auf der andern. (Die „Deadringer“ ist ne heillos unterschätze.)
Es sollte dieser Kick erhalten bleiben, den man bei den Steigerungspunkten von „Bat out of hell“, „paradies b.t.d.“ und „all revved up“ kriegt. Dieser Gänsehautmoment z.B. bei „breaking out of my body anflyin’away —likeaBatoutofHELLLLLLLLL!“
Klappt bis heute.
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Dass sein Stern nach 1993 wieder zu verblassen begann, hat mich eigentlich nicht gewundert. Er hatte etwas Einmaliges an sich, das er nicht regelmäßig wiederholen konnte. Nach „I’ll do anything for love“ kam „Rock’n’Roll dreams cone through“ und „I’d lie for you“, das bestimmt auf dem nächsten Album erschien. 1995? Ich entdeckte schon, dass er sich nur wiederholte und somit geriet er wieder in Vergessenheit.
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Ja, da ist was dran. Obwohl: Ich hätt schon gern noch 2 oder 3 Parts haben wollen. Hab ja auch Jim Steinman Solo „Bad for good“ (including den Urfassungen von „R&R Dreams come through“ und „Life is a lemon and I want my money back“ usw.) und die erste der beiden Bonnie Tyler LPs, die Jim Steinman verantwortete. Hab sogar „Barbra“ von der Streisand damals im Shop gekauft, weil da EINE Nummer vom Steinman stammte. Also ich bin da schon ein Süchtling. (…der auch mit dem Kauf der „blind before I stop“ zu Ostzeiten böse auf die Schnauze fiel. Die war ohne Steinman. Ächz. Gott sei Dank ne bulgarische Lizenzplatte, also nur 40 Mark „weggeschmissen“ und nicht 120. Tja. Heute isses ne Anekdote aus Mauerzeiten.)
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Musikalisch und lyrisch heillos überfrachtet.
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Ach Quatsch. Genau richtig gemacht, solange Jim Steinman das Sagen hatte.
Krönungsmessen des Rock&Roll.
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Ein gewisses Mass an Widersprüchlichkeit muss es geben, sonst könnte man auch ein Sudoku lösen.
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Stimmt total. Die Kontroverse machts ja erst lebendig. 😉
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Ich verbinde mit Meat Loaf Erinnerungen an meine erste Liebe. Wir haben ihn gehört, als wir zusammen kamen und ich habe ihn rauf und runter gehört, als Schluss war.
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