Zum Junge-Hunde-Kriegen

(Rammsteins neues Video)

Es ist zum Junge-Hunde-Kriegen!

Dieses Sprichwort ist ziemlich aus der Mode gekommen. Rammstein erinnern dieser Tage dran. (siehe Video „Deutschland“ Schlussbild der Band) Das Volk der Dichter und der Denker bewies medial mal wieder, dass es genau das nicht ist. Die Unfähigkeit, Kunst zu interpretieren, feierte anlässlich des „Deutschland-Videos“ fröhliche Urständ. Ach hättense doch einfach bloß die „Moorsoldaten“ gecovert! Lindemann wusste das im Voraus. Welche Reflexe musste füttern, damit es kracht? Hat bestens geklappt.

Rammstein gelten als Provokationsband, die mit den Propagandastilistiken der Systeme spielt wie sonst nur Laibach, ihre nicht erklärten Vorbilder.

„Deutschland“ schießt nun aber den Vogel ab. Einen besseren Abriss deutscher Geschichte in nur 10 Minuten und surreal-perfekten Anspielungen gibt’s nicht. Alles da! Bild und Ton an die jeweils richtige Stelle geschnitten.

Teutoburger Wald. Barbarentum. Kannibalistischer Einstieg. Nun ja: In Gedärm gefangener Römer zu lesen, um Siege vorauszusagen, das gilt bisher noch als erwiesen. Die Seherin im Video aber ist schwarz. Kommt aus dem Busch. Aber eben dem germanischen. Gelungener Hinweis auf „aller Anfang ist primitives Chaos.“

Wenig später: Schlemmende Mönche bei Kerzenschein. Auf dem Tisch die schwarze Germania, die ausgeweidet wird. Treffer: Kirche als Machtfaktor. Dicke Mönche, armes Deutschland, und später auch armes Afrika… Der missionarische Kulturbringer mit der Peitsche und dem Scheiterhaufen.

„Du hast viel geweint; im Geist getrennt, im Herz vereint….“ Treffer! 40 Jahre Mauerzeit, Westsozialisation, Ostsozialisation, aber im Herzen national verbunden geblieben, allen heutigen Nationalstaatsverächtern zum Trotz. Ohne Nationalstaat kein Sozialstaat. Wenn er weg ist, wirst du ihn vermissen.

„Sind schon so lang zusammen, dein Atem kalt, dein Herz in Flammen“ Treffer! 30 Jahre Wiedervereinigung, Wirtschaftserfolge für die kalte Tegernsee-Kamarilla, Wut für die abgeschlagene Provinz.

„Deutschland! Mein Herz in Flammen! Will dich lieben und verdammen!“ Treffer! „Es gibt 100 000 Gründe auf dieses Land stolz zu sein, warum fällt mir auf einmal kein einziger mehr ein?“ Kennste noch? Auf den ersten Blick die Triumpfe: Kulturelle Höchstleistungen, Tüftlergeist, zeitweilige Stärke – auf der anderen Seite Profit durch Verbrechen unverblümt und anschließend Profit durch galoppierende Scheinheiligkeit. Was erst in den Kolonien passierte, geschah später auch und schlimmer noch in den KZs und anschließend im Nadelstreifenzwirn – woanders…. Industrielandschaft plus Rammstein im Kapitalistenzwirn und Feuerkugel (brennende Ölquellen all überall dank Waffenexport und pfeif auf die Umwelt)

Überheblich           (Kaiserzeit, dargestellt durch eine schwarze Germania in Maria Stuart- Outfit a la Schiller; die Klassiker allzeit als Feigenblatt missbraucht)

Überlegen              (Industrie; Kohlekraftwerkeinblendung; Gewinner des Industrialisierungsrennens)

Übernehmen         (KZ-Häftling 1; ohne Schlinge; Machtübernahmeanspielung)

Übergeben             (also Kotzen: KZ-Häftling 2 mit Schlinge um den Hals)

Überraschen          (V1/V2- Raketenanspielung)

Überfallen              (SS-Offizier vor angetretenen Häftlingen, stellvertretend für die Besetzung Europas)

Perfekte Sequenz!

Deutschland, Deutschland über allen.  (Lindemann in zivil und Ketten, nach „Schlag in die Fresse“ also vom (Über-)Leben gezeichnet)

Deutschland, deine Liebe ist Fluch und Segen, meine Liebe kann ich dir nicht geben….

(Germania als Supermodell im Zeitenwandel: Zusammenschnitt Gardeuniform, SS-Uniform (mit Augenklappe links!), als Opfer von RAF-Terroristen mit Sprenggürtel heutiger Attentäter. Getrieben von hehren Idealen neuen Unsinn anrichtend. Der Stein der Weisen wird bis auf weiteres „verschollen bleiben“.

Die „Germania“ wirft junge Hunde. (Deutsche Schäferhunde? Nicht nur in Fachkreisen „überzüchtet krank (im Beckenbereich)“. Lendenlahm. Nunmehr Kuschelwauwis. Deutsche Bestie? Fehlanzeige!

 

12 Gedanken zu “Zum Junge-Hunde-Kriegen

  1. Deine Theorie, dass Frauen mehr lesen, ist falsch… Claudia braucht für das dünnste Buch ein Vierteljahr. Immerhin hat viel ihr vor kurzem ein Lyrikband in die Hand – und sie besorgte sich aus eigenem Antrieb den zweiten Gedichtband desselben Autors.

    Und Schwupps: Heute beherrscht er die Nachrichten. Meine Berliner Zeitung widmet ihm das Panorama und das Feuilleton.

    Es handelt sich um den großen deutschen Lyriker Till Lindemann.

    Herr Harry Nutt (früher bei der taz) empört sich, dass man in einer Zeit, als Eugen Gomringers Avenidas von der Wand der Berliner Alice-Salomon-Hochschule entfernt wurde, weil es eine Vergewaltigungsfantasie ist, hat man Rammstein einfach nicht sorgfältig gelesen!
    Natürlich thematisiert Nutt auch eine „enervierende Deutschtümelei, bei der die Band nicht auf den Gebrauch der Kleidung von KZ-Opfern zurückschreckte.
    Und schon Jens Balzer hat festgestellt, dass die ganzen 70er-Jahre voller sexualisierter Gewalt waren. Z.B. bei David Bowie!

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    • Schade. Harry Nutt-Lindemann unter Bezahlschanke im Netz. Kannste mir den Artikel scannen?
      „enervierende Deutschtümelei, bei der die Band nicht auf den Gebrauch der Kleidung von KZ-Opfern zurückschreckte.“
      Scheint ja horrender Blödsinn zu sein, diesem Zitat zu Folge.
      Der hat entweder das „Deutschlandvideo“ nie gesehen oder nie hingehört.
      Naja; ehemaliger taz-Autor. Das ist pawlowscher Reflex. Dort ist Rammstein als Naziband gesetzt. Da knallen momentan so einige Sektkorken, dass sie ihn nun endlich „dranha’m“, den intelligenten Beelzebub; was bisher immer schief ging.
      Rammstein waren den „Woke-isten“ bisher immer einen Schritt voraus. Wenn Lindemann nun zum deutschen Weinstein werden sollte, wäre das ein Maximalschaden für die letzten Selbstdenker im Lande. Dann hilft wirklich nur noch beten und sich der ganzen neo-Scholastik unterwerfen. „Links. Links. Links zwo drei vier!“(Rammstein)

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  2. Lohnt nicht die Mühe

    Gerade las ich, dass Rammstein so schlimm ist wie die Böhsen Onkelz.
    Vor elf Jahren, als im Maxim-Gorki-Thater noch richtig Theater gespielt wurde, sah ich dort den Prinz von Homburg. (Ich habe mir dieselbe Inszenierung sogar zweimal angesehen.) Am Ende blieben die Schauspieler auf der Bühne und ein Lied der Onkelz wurde erklang. Danach habe ich mir die CD gekauft.

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    • Hab das Band-Buch geborgtermaßen gelesen. „Danke für nichts“.
      So wie die ihre Schulzeit beschreiben: Pfui. Als Schüler hätt‘ ich die nicht haben wollen. Musikalisch haben die aber bisweilen was Mitreißendes.

      Alles in allem ein sehr interessanter Phänomenfall.
      Drei Nächte lang den Lausitzring ausverkauft 2007 als Schlussakkord ihrer Abschlusstour.

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