WARNING!
Sollten Sie Doors-Fan sein, dann lesen Sie nicht weiter! Dieser Text könnte ihre Gefühle verletzen!
Für alle anderen:
Es folgt mein Beitrag zum 50. Todestag des American Prayers am 3. Juli. Denn, wer a und b sagt, muss auch c sagen.
Einstimmung:
(Mit bedeutungsschwangerer Stimme deklamieren; 3 Sekunden Pause nach jedem Vers, damit es wirkt😊)
Und die Prinzessin stand in ihrem Bett
Wütend!
Und sie schleuderte den Frosch an die Wand
Herabfiel – der Prinz
Der schöne Prinz
Barfuß und nackt
Das antike Gesicht des Odysseus
mit den Augen des Lurchs
denn tief drin in seinem Kopf
Blieb er Frosch!
(„Prinz Lurchi“ a real Bludgy-Poem, inspired by Morrisson-Poetry)
Die großen Drei von 70/71 – in Reihenfolge ihres Wegtretens: Jimi, Janis und Jim.
Über Jimi schrieb ich hier.
Und über Janis hier.
Fehlt der Lizard-King! Ein schwieriges Thema.
Von mir aus – macht ihn zum Kaiser!
Ich aber sage: Der Kaiser ist nackt.
Da war als Erstkontakt „Come on Baby light my fire“ so um ’75/76 herum. Das ging mit 15 ähnlich schief, wie die Bekanntschaft mit „Move over“ von Janis. Das klang so unentschieden: Der Sänger will zwar loslegen, hat Druck in der Stimme, aber die Band dudelt herum. Da knallt nix! Und was ist das überhaupt für eine Kurhauskapellen-Orgel da, das klingt wie Altenheim und nicht wie Rock! Aber wie im Falle Janis mit „woman left lonely“ gelang mir mit den Doors zumindest der Zweitstart, denn diesmal war es „Riders on the storm“. Ein herrlich mystisches Stück, das über die Jahre nichts an Wirkung eingebüßt hat. Das gefällt mit 15 Jahren genauso wie mit 95!
(Vorausgesetzt, du verdrängst, was du über Jimmy the „Poet“ so alles gelesen und gesehen hast!)
Schlag 3 wurde der „Shaman’s Blues“ und das Quartett voll wurde schließlich mit „When the music’s over“. Soweit so gut. Solange dein Schulenglisch nicht ausreicht, hinter all die Phrasen zu schaun, die ein Heer von Musikjournalisten über „Vielschichtigkeit“ und „kryptische Aussagen“ oder „ödipale Dystrophie“ verbreitet, feierst du ihn – wie alle um dich rum- als den dritten großen Toten von 70/71.
Mit jedem weiteren Todestag nahm das Kult-Getümmel um den schönen Jim zu; und je mehr man so erfuhr, umso komischer wurde mir der Typ — und mein bissel Mittelfeldbegeisterung für die paar Doors-Hits, die mir untergekommen waren, schmolz dahin.
Als zum ersten Mal noch in den 70ern in irgendeiner Oldies-Sendung erzählt wurde (oder stand das im DDR-Beat-Lexikon?), dass es in „The end“ jene „ödipalen“ Zeilen gibt, da lernte man als Pennäler zwar ruckartig, was ein Ödipuskomplex ist und genoss spontan die innere Zufriedenheit – eben diesen nicht zu haben – aber: Warum singt der das? Iiiiiiiiieeeh!
Klar, hatten wir auch diese Nummer irgendwann auf Band, jedoch wuchs die Fremdscham bei jedem der seltenen Hördurchgänge. Nicht nur wegen dem Motherfuck-Dingens, sondern wegen dem dilettantischen Drumherum: Morrisons Reim-dich-oder-ich-fress-dich-Prinzip war immer schlechter ignorierbar!
Ray Manzarek brachte ’91 aufs Trapez, es handle sich bei „The End“ um antikes Theater! Deshalb der „römische Wald“ und „der ancient lake“. Klar. Wenn sich das Reimdefizit von Xavier Naidoo mit dem Überschriftenwissen eines durchschnittlichen ZEIT-Kolumnisten treffen und Drogen im Spiel sind, dann wird Wendler zu Shakespeare und Morrison zu Sophokles.
Die Vielschichtigkeit seiner Texte war immer wieder Thema. Eskapistisch, apokalyptisch, dystrophisch, existenzialistisch … Das las sich immer, als sänge Ol’Jimmy vertonte Philo-Dissertationen! Hm. Haste die Oden mal gelesen? Ohne Musik? Das fängt gerne bedeutungsschwanger an und endet bei „love me girl!“ Also die typische Aufmerksamkeitsspanne eines ADHSlers: Der Kopp will zunächst, was eventuell gut zu werden verspricht, aber die Fertigstellung dauert zu lange, die Triebe revoltieren: Übrig bleibt – der frühe Ingo Appelt.
Vollends im Eimer war mein Bezug zu den Doors nach dem Oliver Stone Film anfang der 90er.
Stone verkündete im Interview, der Film sei seine Danksagung an die Doors, denn deren Musik habe ihm geholfen, seinen Vietnamkriegseinsatz durchzuhalten und hinterher zu verarbeiten.
Der GROSSE Jim Morrison ist dort „zu bewundern“; Sprachrohr seiner Generation, der Lizard-King, der ständig „zu“ war, unzuverlässig wie nur was, Auftritte verdarb oder ganz platzen ließ, dann wieder ein paar Phrasen halluzinierte und nie wusste, wo er sich grade befand!
Der dargestellte „legendäre Miami-Vorfall“ ließ mich böse grinsend an „Sexy Exi“ vom Georg Danzer denken. Ach DAHER hatte der die Inspiration!
Ich war nun mit anfang 30 knapp drüber über den „Club 27“ und ich hatte gerade so einiges durch. 1988-92, das war politisch, existenziell und familiär „schwere See“ gewesen, aber wir hatten uns bewährt – und dann seh ich diesen Film über diesen King zusammengeklaubter Stopfgans-Zeilen.
„An den Toren von Troja steht Häuptling Moja, im Safrankleid deklamiert er und schreit, ich hol mir die Maid, denn es ist Zeit, die Uhren ticken, komm, lass uns f*****!“ (Das ist das Ende. Ruf die Polente!)
So jedenfalls hört sich das Doors-Schaffen in Bludgys Ohren nunmal an.
Diese völlig verwahrloste Ruine wollte und konnte ich nicht mehr verehren. Ich sah klipp und klar: Ich bin besser! Verantwortungsvoll eine Familie durch schwierige Zeiten zu bringen, hätte der niemals geschafft! Der hätte „die Alte mit dem Kind“ sitzen lassen, wenn’s kompliziert zu werden droht; sich bekifft und „people are strange“ drauf gereimt. Das wäre SEINE Alltagsbewältigung gewesen. Und genügend Dummbatze standen ja Schlange, dieses Komplettversagen als „existenzialistisches Menetekel im Zeitalter der monetären Prostitution des Ichs in der Postmoderne“ hochzujazzen.
Wenige Tage nach dem Film (oder war’s wenige Tage zuvor?) gastierte Ray Manzarek bei „Gottschalk“, der kurzlebigen Late-Night-Show auf RTL damals: Schwer bekifft oder schon dement? Er schwafelte dort 10 Minuten völlig wirres Zeug (simultan übersetzt); und machte so auf das Kapitel DOORs den Deckel drauf.
Not needed anymore. Keine CD vorhanden.
Es ist schon viel über Morrison geschrieben worden. Er war als intellektueller Bluessänger grossartig und als bluessingender Intellektueller nicht auszuhalten.
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So entstehen im Laufe der Jahre Mythen. Ganz bewusst, weil sich damit eben auch viel Geld verdienen lässt. Trotzdem höre ich einige Stücke der Doors der jeweiligen Stimmung entsprechend gerne. Aber der Hype um Jim Morrison (jemals an seinem Grab in Paris gewesen?) ist bisweilen nicht auszuhalten. Der Film ist ohnehin absoluter Mist….
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Hm. Den Film halte ich für eine sehenswerte Bestandsaufnahme der Bandbio und der Zeitumstände. Mir will bloß nicht in den Kopf, warum der Oliver Stone nicht gemerkt hat, dass da nix Verehrungswürdiges entsteht.
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