Musikalisches Resümee 2020

Alle resümieren dieses komische Jahr: Bücher des Jahres, Filme des Jahres, Serien des Jahres …

Meine kleine Polit-Rück-Show habe ich ja bereits abgezogen. Aber, weil das Jahr nun wirklich ein komisches war, reizt es mich doch noch, auf den Resümee-Zug aufzuspringen. Warum? Weils Spaß macht.

Was kam in den Player, im Seuchen-Jahr – und half verdrängen? Und was davon schaffte mehr als 3 Durchläufe?

Im Januar begann es mit zwei Überbleibseln aus dem Dezember’19, die recht lange vorhielten:

  1. Tanya Tucker „While I’m livin‘“; das Grammy-Album, das dem Grammy die Ehre rettet! Wieviel Mist wurde da durch die Jahrzehnte prämiert! Und dann das! Dieses hochpersönliche Alterswerk! Frau Tucker schreibt weiterhin nicht selbst, aber sucht aus, was zu ihren Lebensabschnitten passt und beichtet ihrer jungen Verehrerin und nun auch Leib-Songschreiberin Brandi Carlile soviel, dass dann Texte entstehen, die, auf diesem Umweg durch Mrs. Carlile’s Kopf, tatsächlich von Ol’ Tanya herself stammen. Bis Mitte des Jahres highly apprichiated zu Hause und im Auto, everywhere, everytime. Ergänzt mit ein paar Downloads älterer Platten – 2020 – ein Tucker-Jahr. Durchaus.
  2. Deep Purple „Now what!“ Soundtrack für die vorösterliche Periode. War mal wieder Zeit. Ein bissl ergänzt durch „Book of Taliesyn“ und „Who do you think we are“. Mir deshalb das diesjährige Album verlockend erscheinen zu lassen, dazu hat es allerdings nicht gereicht. Um Ostern rum, war es damit dann auch wieder gut.
  3. Steve Hackett steht ebenfalls zu Buche. Vor allem mit der sehr guten „Out of the tunnels mouth“. Die hatte auf der Bonus-CD einige Genesis-Cover-Versionen, u. a. „Firth of the fifth“. Und wenn man sich fürs Auto die vordere CD brennt und „Firth of the fifth“ hinten mit draufpackt, steigerts die Wirkung ganz erheblich.
  4. Neil-Young-Renaissance mit leicht verschobenem Schwerpunkt, denn der war diesmal die „Comes a time“ – und nicht wie sonst „Re-ac-tor“ oder „Harvest Moon“, zwei Platten mit besonderem persönlichen Bezug eigentlich. Die blieben 2020 im Regal. Die „Chrome Dreams II“ allerdings – ist jedes Mal dabei, wenn ich Lust auf Onkel Neil kriege. Live in Leipzig 2008 – Riesenerlebnis! DER ist der wirkliche Boss!
  5. Im Mai schrieb ich an der RenftStory, deshalb liefen die auch im Player, jedoch jede nur ein-oder zweimal noch. Inclusive der Cäsar- und Karussell-Scheiben. Man kennt se halt nu in- und auswendig. Reiß mich aus dem Tiefschlaf und lass mich „Ermutigung“, „Ottoballade“,„Es war da eine Zeit“ oder „Sonne wie ein Clown“ rezitieren – das klappt in jedem Zustand; da muss das Zeuch nich‘ dauernd laufen. Wohlweißlich übersteht es aber jede Entrümpelungsaktion im „Heiligen Schrein“.
  6. Auf den reichlichen Überlandfahrten kam auch SIE wieder zu Ehren: Die Autoscheibletten-Selbstbrutzelung der perfekten Pladde schlechthin: „To the limit“ (1978) von Joan Armatrading, ergänzt um ein paar Songs der „Mama Mercy“ des Vorjahres; ihr künstlerischer Höhepunkt.
  7. Seit 7 oder 8 Jahren finde ich in der aktuellen Musiklandschaft nichts Neues mehr, aber immernoch das eine oder andere bisher verkniffene Werk von Altstars „meiner Zeit“. So ritten hier 3 „neu-alte“ Werke von Meister Benson ein. Während die „I got a woman“(1968) und die „Give me the night“ (1980) sich nur ein-zweimal im Player drehten, erhielt die „Shape of things to come“ (1969) heavy Rotation, wegen der fiesen Orgel in einigen Tracks und der umwerfenden Fassung des „Chattanooga choo choo“. Sträflich überseh‘n bisher. Herrlich!
  8. Stichwort „sträflich überseh’n“: Yes „The Ladder“ schaffte es dies’Jahr ebenfalls nicht nur ins YES-Regal-Abteil, sondern kam im Herbst einige Wochen nicht aus dem Player. Ein richtig feines Album von 1999! Wie alle Spätwerke oft verrissen, was auch mein bisheriges Desinteresse erklärt. Andererseits hat es bei Yes eben schon mehrfach geklappt, verpönte Werke zu hören und dann doch gutzufinden. Das war bei „Drama“ so und vor allem bei ihrem offiziell angeblich grottigsten Opus aller Zeiten „Heaven and Earth“. Deshalb andererseits eben auch das kleine bisschen Neugier: Vielleicht is‘ die doch was? Und wenn ein runder Geburtstag ins Haus steht, fragen manchmal so Leute, die keinen Müll schenken möchten, nach – und da schien es mir‘ne gute Gelegenheit, auf so’ne Frage zu antworten: „„The Ladder“, kann auch ne Gebrauchte sein.“ Peng! Feines Werk! Wer wirklich miese YES-Alben hören will, der greife zu ihren ersten beiden oder zur „Union“. Auch die – ach so gepriesene – „Relayer“ ist mir zu nervig überkandidelt.
  9. Hendrix „First rays of the new rising sun“ von 1970; 50 Jahre Jimi tot! Da musste das sein! Eigentlich sagte ich mir in den letzten Jahren bereits: Zu nervig auf die alten Tage! Und griff immer an den beiden Hendrixen der Sammlung vorbei zu etwas ruhigerem. Einen Preis im Songwriting verdient er nun wirklich nicht, aber wenn du in ausgeruhtem Zustand dich doch noch überwindest und die „Ladyland“ oder die „First Rays“ auflegst, dann kannste schon noch die Stereoeffekte feiern und an alte Zeiten denken, bis die Familie genervt nachhakt, ob du grade pubertierst oder beschlossen hast, komplett im gestern verloren zu gehen. „Fly oh my – sweet angel…“
  10. Die Flöten liefen über das ganze Jahr verteilt, besonders aber nach Ankunft des Steinklang-Paketes: „Closer to far away“ vom Kreator of Rocks and Eagle-Views, Douglas Spotted Eagle, passte da ja nu wie Faust auf Auge! Und nach dem 24.12.: Ansporn und Ausblick: Mal seh‘n, was davon ich demnächst hinbekomme!dav

Was noch zu sagen wär:

Natürlich gabs mehr als diese 10: Die Ostrockplaylist von neulich, Dions Blues-Album, eine kurze Rory-Rückbesinnung, bissl Eagles, Doobie Broth., good old Waylon dann und wann – aber alles kurz; ein-zweimal, dann back to Schrank again.

Und so nehmen die Phasen zu, wo gar nichts läuft. Das kann dann auch schon mal ne ganze Woche sein. Mit 30 wär‘ das nie passiert!

Mit 17 hatte ich Entzugserscheinungen, wenn der „Jupiter“ zur Reparatur war.

„Tschä-tschä-tschä-Tschäjndsches!“ wie mein alter Kumpel Bowie sang.

„Für immer juuuuuuuuuung!“ vom Ambros, zieht (in der Live-Version) zwar Tränen, aber stimmt eben nicht.

Oald wurn sammer.

9 Gedanken zu “Musikalisches Resümee 2020

  1. Ich habe mal umzugsbedingt meine CDs geordnet…und dabei wie immer beim Umzug mal etwas wiederentdeckt : Steve Winwood , früher mal einer meiner Lieblinge aber dann irgendwie verschütt gegangen…jetzt wieder im CD Spieler….und nein, ich werde nie zum Musikstreamer, habe mir aus lauter Trotz ein neues altes High Technik Kassettendeck zugelegt 🙂 Grüsse von Jürgen

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    • Ui, da biste weiter als ich. Mein Onkyo-Tempel ist zwar voll funktionstüchtig, aber die Kassetten verstauben im Regal, waren eh fürs Auto zusammengesampelt. Aber das CD Teil hält hoffentlich noch ewig durch. (Plattenspieler, nun ja, wird ab und an mal entstaubt und genutzt.)

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  2. Deep Purple, Hendrix und Yes als musikalisches Resümee 1970 hätte ich verstanden, aber 50 Jahre später? Uiuiui. Spaßeshalber hab ich mal meine Favoriten der letzten 10 Jahre zusammengesucht und das einzige, was dabei vielleicht noch nostalgische Hintergründe hatte, war Springsteens Wrecking Ball 2012, seine letzte wirklich gute Platte.

    Ab und zu mal Bock haben auf alte Helden (gestern gerade Crosby, Stills, Nash & Young gehört) ist ja schön und gut, aber gibt einfach noch sehr viel gutes neues Zeug von guten neuen Leuten und das will man ja auch nicht verpassen.

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  3. Nö. Da würd ich mir vorkommen wie Lafontaine in der Techno-Disco im Wahlkampf anno 1990.
    Allein unter Youngsters in so einem Wimmerkonzert eines depressivem Mit20ers?
    oder der vierunddrölfzigsten Version eines Pink Floyd Klons beiwohnen? Nö.
    Da lob ich mir meinen Musikozean, indem ich alle Vierteljahre eine andere abgestellte Abteilung wiederentdecken kann.

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    • Ja, das ist die Crux, die ich meine. Talentierte Musiker mit eigenem Material, das nur leider klingt wie REM, die im Laufe des Konzerts von ruhig auf lauter drehen. Den Walkabouts ähnlicher werden, die auch ihrerseits schon reichlich Onkel Neil beklauten, das Trio hier bietet dann auch so einen Dröhn-Höhepunkt, aber eher Jimi-Style. Dann Auftritt Duettpartnerin. Wird sie singen wie Emmylou Harris? Nee, eher Shania Twain. Danach wieder übliche Independent-Schrammelei. Ganz hübsch, das alles. Aber eben auch alles schon mal da.

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