Zeit lassen.

(Themawechsel aus gegebenem Anlass)

1. Der Anlass

75 Jahre Frieden und ein „Lockdown“.

Am 8. Mai war doch was! Ich bin über die Zeit, warum? Ich musste erst ordnen und – hab mir Zeit gelassen.

Ich konnte 60 werden, ohne „einrücken“ zu müssen. Ohne schuldig zu werden. Ohne Bein ab, Arm ab. Ohne vertrieben zu werden. Ohne mich aus völliger Armut zum Eigenheim emporarbeiten zu müssen. Zwar war ich bei der Fahne und unter Arschlöchern da, aber eben nicht beim Volkssturm. Von „Schwedt“ bedroht, aber nicht von Amok laufenden Tschechen. Zwar durfte ich nicht Wurzeln schlagen im Saaletal, aber ich kann dahin jederzeit auf Besuch. Und dort wohnt jetzt kein Volk mit fremder Sprache und zurechtgelogener Geschichte in meinem Kindheits-Idyll und in meinem Elternhaus. Mir hat beim Umzug niemand die Habe weggeplündert oder den Kiefer gebrochen. Ich kam weit-weit glimpflicher davon.

30 Jahre seit der Wende. Von 1914-1944 wären auch 30 Jahre. Meine Großeltern hatten ein wahnsinniges Pech mit IHRER Zeit.

Wie komm‘ ich auf all das?

2. Die literarische Entdeckung

Dieser Tage hab ich „die Martinsklause“ vom Ludwig Ganghofer gelesen. Ich weiß, ich weiß: Wer liest denn sowas! Herz-Schmerz und Lawine. Heimatfilmschmarrn. Reaktionärer Kitsch!

Gäääähn. „Was verpönt ist, macht mich grade scharf!“ Um mal den Biermann gegen den Strich zu bürsten.

kleinkleinganghoferEs lag hier halt herum. Bertelsmann Buch-Club 1984. Ein Beifang aus einem Paket, in dem es eigentlich um anderes ging. Der Einband stieß mich eher ab: Ganghofers Referenzwerk; 1892 erstveröffentlicht, die Handlung ins 12.Jahrhundert verlegt; hier aber nun in lieblosem Nachkriegs-Design: Vorn drauf ein Farbfoto von einem Holzschuppen. Ächz! Warum nicht gleich einen Ski-Lift mit Mönchen! Im Unterbewusstsein meinte ich, als ich es auspackte, diese Hütte zu kennen, aber woher nur?

Nun hab ich’s gelesen und schon wieder eine Leseentdeckung zu feiern! Es passt in diese Jubiläumszeiten nahezu perfekt! Beim Lesen lebten all die alten Geschichten vom Abendbrots-Tisch wieder auf, die die Großeltern „vo’ zu Hause“ so erzählten. Onkel Toni lag wieder halberfroren im Schnee bei Rshew. Vier kleine Kinder sehen ihrer Mutter hilflos beim Kotzen zu – im Güterwaggon nach Graal Müritz, auf schier endlos erscheinender Tour. Wird sie’s schaffen? Und das Foto einer Fleischerei hängt wieder über Großmutters Ofenbank. Ihr Zuhause. „Mein Vaterhaus“, wie ich erklärt bekomme. Ein Stück Atlantis. (Warum kommen mir jetzt Eloy in den Sinn?)

Es ist das beste Buch über den II.Weltkrieg und die Betäubung danach, das sich denken lässt.

1892 – II.Weltkrieg, – hä?

Wir sind nicht mehr viele, die automatisch merken, dass hier was nicht stimmt.

Nein, ich bin kein Neuzeitabiturient, der Geschichtspuzzleunterricht erleiden musste mit nur 12 Teilen und der nun Wallenstein mit Stauffenberg verwechselt und Bismarck – der Pickelhaube wegen- für Hindenburg hält. Ich habe noch ein stimmiges Geschichtsbild!

„Die Martins Klause“ kann – nein, MUSS – als Parabel auf den Untergang des III.Reiches gelesen werden. Und unter diesem Aspekt ist sie SEHR GUT! Kein Wunder, dass die in den 50ern „drühm“ ihre Wiederentdeckung erlebte! Das war Medizin beim Bewältigen der eben durchlittenen Zeiten. Da hat der Ganghofer ungeplant eine Prophezeiung verfasst. Genauso erging es Hermann Hesse mit dem „Steppenwolf“ in Bezug auf die Hippies und Chris de Burgh mit der „Getaway“-LP und der Zeitenwende von 1989!

„Die das Kreuzfahren predigten haben mir nie gefallen. Die sinds gewesen, die uns die guten Zeiten so schich gewandelt haben. Die sinds gewesen, die den Menschen die Gotteslieb genommen und die Angst dafür gegeben haben. Die sind dran schuld, dass wir dasitzen müssen in solcher Wildnis.“ (Martins Klause/Ganghofer)

Wie liest sich das im Behelfsheim, in der Nissenhütte 1954?

3. Die Handlung

Worum geht es da?

Um 1120 herum, im Urwald des Berchdesgadener Landes, lebt eine Handvoll Bauern halbheidnisch, oberflächlich christianisiert und beide Richtungen durcheinanderbringend, armseelig vor sich hin. Man grüßt sich mit der Floskel „Zeit lassen.“ Aber man hat es nicht gut. Der böse alte Herr Waze lebt mit 7 volljährigen Söhnen und ein paar Knechten auf dem Falkenberg am Eisermann, auch König Eismann geheißen. Er ist der Spisar, der Verwalter, der Gegend und übertreibt die Willkür. Maßt sich sogar an, ein Erbrecht auf den Posten zu haben, obwohl er nicht mal adlig ist. Da gibt die eigentliche Gräfin der Region das Gebiet an die Kirche. Vier Mönche als Vorab-Trupp erleben nun ihr blaues Wunder, weil die Einheimischen, von Waze eingeschüchtert, sie nicht mit offenen Armen als neue Herren empfangen. Diverse Schicksale spitzen sich blutig zu. Ein Bergrutsch kündigt das bevorstehende Armageddon an. Ein Erdbeben. Eine tektonische Verschiebung. Die Alpen falten sich neu. Der Eisermann „läuft“, bricht zusammen, erzeugt eine Schnee- und Gerölllawine ungekannten Ausmaßes. Diese begräbt unterschiedslos Strolche und brave Seelen unter sich, versprengt in der Wildwasserflut Freund und Feind und hinterlässt jenes Bergspitzen-Ensemble, das heute Watzmann (und seine Söhne) heißt.

kleinDSC04288kopDas „Weltenende“ der Expressionisten; vor dem I.Weltenbrand von 1914 im Wohlstandsdusel herbeigefaselt.

Aber Ganghofer ist kein Expressionist, sondern ein Heyse-Protegé. Er schreibt da eine Klostergeschichte, wie es sie so, oder so ähnlich, auch von Gustav Freytag (Nest der Zaunkönige), Felix Dahn (Vom Chiemgau) und etwas später noch von Ludwig Huna (Die Hackenberg) gibt. Aber ihm gebührt unangefochten das Krönchen.

Ganghofers Buch endet nicht mit der Beschreibung der Naturkatastrophe und einem sich küssenden davongekommenen Paar, sondern schildert im letzten Viertel ausführlich das Wiederaufrappeln aus der Betäubung. Das Suchen nach den Angehörigen, das Wiederfinden in den überraschendsten Zuständen, aber auch das Begraben müssen, das Vermisst bleiben und last not least die Entstehung neuen Lebens, das die alten Namen tragen wird. Ein sehr gelungenes Ende.

4. Die Wirkung an sich

Warum erlebte Ganghofers Werk in den 50ern Bestseller-Status? Ich denke, das liegt auf der Hand.

„Wie ein grauenvolles Ungeheuer schoss die schwarze Wolke über den Hang hinunter. Aus ihrem Dunkel wurden mächtige Blöcke hervorgewirbelt wie Asche aus einem Schlot. Und ihr voran gleich dem Brausen eines gewaltigen Sturmes jagte die vom Sturz der Felsen angestaute Luft. Der sausende Windstrom fasste das Dach der halbzertrümmerten Hütte und fegte die Balken davon wie leichte Schindeln….“

Ist das nicht 1892 die vorweggedachte Bombennacht?

Hinzu kommt die Waze-Burg, der Berghof, auf dem das Böse wohnt; und dessen Ruinen sich „der Wald zurückholen wird“. Der Eliten-Wechsel per Katastrophe von Waze zum Klosterland. Das In-die-Zeit-geworfen-sein. Die weggespülte Heimat. Das Hirtenmädchen, das sich nicht waschen darf, um nicht vergewaltigt zu werden, der wahnsinnig gewordene Schmied…und die Klosterleut, die „bringen die gute Zeit“, das Wirtschaftswunder des Salzbergbaus 1120 in der Ramsau und Schönau, passend zur Rheinischen Rekordbeterei in der Adenau der 50er.

„So fest wie in den Menschen des Hochlandes wohnt auch in den Tieren der Berge das treue Hängen an der Scholle, auf der sie geboren wurden. Felsen stürzen und begraben die Stätte – kaum hat sich der Rauch verzogen, so kehren die Entflohenen schon wieder zurück, um das neue Lager über den Trümmern zu wählen, die das alte bedecken. Und wie an der alten, so hängen sie an der neuen Wohnstatt mit ungebrochenem Vertrauen.“

Und überhaupt die 4 Mönche: Der dicke Genießer, der kräftige Bauernsohn und der intelligente Gutmütige mit dem Herkunftsgeheimnis, das sich ihm nicht erschließt, wohl aber dem Leser… drei Musketiere mit Tonsur. Der fanatisierte Asket als vierter richtet Schaden an, zählt nicht mit. Wie D’Artagnan bei Dumas zu den anderen dreien stößt, so gibt es hier Sigenot, den Fischer, der viel retten kann, aber auch schwere Schläge des Schicksals erlebt, der sein diffuses Weltbild ordnet und sich schließlich scheren lässt.

Gesprochen wird in leicht historisiertem Deutsch mit lauter „nit“ und „gebet Acht!“. Das gejauchzt und gejodelt wird, man sich „Rötli“ und „Burli“ nennt, erscheint logisch für eine Zeit ohne Radio und Rock&Roll. Das Flair des 12.Jahrhunderts wird so im Reden wenigstens erahnbar. Konsequentes Althochdeutsch wäre ja schon 1892 nicht mehr lesbar gewesen.

5. Das private Mysterium

Schließlich telefoniere ich mit Muttern und rede vom aktuellen Leseerlebnis.

„Ganghofer haste am Wickel? Den hat die Großmutter gerne gelesen.“

Rumms! Da flog sie auf, die Tür zum Unterbewusstsein! Jetzt wusste ich es wieder! Diese Hütte auf dem Schutzumschlag! Das Buch muss auch in den 70ern schon so ausgesehen haben! Das lag bei einem der letzten Besuche in ihrem Wohnzimmer auf dem Tisch. Auf meine Frage „liest’n da?“ bekam ich damals nur zur Antwort: „Nüschd für diech. Bist noch zu jung dafür. Doas wirste verstehn, wenn de wirst woas durch ham.“

„Sieht och langweilig aus.“ hakte ich das Thema damals für mich ab.

„Doa sisstes.“, bestätigt sie sich selbst.

Deshalb denke ich von nun an beim Lesen:

„Ein Glück, dass sie es mir nicht empfohlen hat.“

60jährig sitze ich im Garten und lese das letzte Kapitel. Ganz wie früher, als der 12-13jährige in einem anderen Garten, way down south im Saaletal, anderes gelesen hat.

Als ich’s durch hab, weht mich so ein sentimentales Gefühl an.

„Großmutter?!“ sende ich unausgesprochen einen Ruf ins Himmelblau, neben der Kastanie, wie auch sie eine pflanzen wollte.

„Goldie, woas hoast denn?“

„Danke.“ Ich hebe das Buch hoch.

„Spinn ok nee rimm!“

Ihr lächelndes Runzelgesicht löst sich wieder auf im Himmelblau über mir. Ich muss grinsen und gewinne wieder Boden unter den Füßen. Und überlege, wie die TAUSEND Gedanken, die mich so lawinenartig überkamen, zu EINER Rezi werden könnten. Und es ergab sich: Zeit lassen!

 

PS.: Dank an die Graugans für das Paket damals.

©Bludgeon

18 Gedanken zu “Zeit lassen.

  1. Die rote Recka: „Ein kleines grünes Käpplein mit einem Büschel weißer Reiherfedern bedeckte den Scheitel und verschwand fast unter dem üppigen Gelock des rotschimmernden Haars. Blätter und kleine Reiser hingen im Haar verstrickt, und das unhöfliche Gezweig des Waldes hatte dünne rote Linien auf die halbentblößten Arme gezeichnet. Auch über die eine Wange ging ein roter Strich, wie mit einer Nadel gerissen; doch er störte nicht die Schönheit des Gesichtes, sondern erhöhte nur den kühnen Ausdruck dieser Züge und stimmte gut zu diesem trotzigen Mund und den dunkel blitzenden Augen.“ Sexy. Wer so beschreiben kann, ist kein schlechter Autor.

    Und er weiß etwas;„Der Raum vor ihm, das war die Herrenstube in Wazemanns Haus; sie hatte vier Fenster, aber der Schliem, mit dem die Fensterrahmen überzogen waren, ließ vom späten Licht des Abends nur noch eine trübe Helle ein. Gebräunte Balken bildeten die Decke, von der an Ketten ein eiserner Reif mit aufgesteckten Hirschtalgkerzen herunterhing; darunter ein Tisch mit Stühlen. In einer Ecke der große Lehmofen; die von Geweihen starrenden Balkenwände waren rauh mit Mörtel beworfen und geweißt. Entlang der Mauer liefen Holzbänke, unterbrochen von Truhen und drei niederen Türen. Hier ein Sattelbock, dort ein Gestell mit Waffen und Jagdgerät, und dazwischen in der Wand ein alkovenartiger Ausbau mit dem Spanbett, auf dem Herr Waze die einsame Nachtruh zu halten pflegte.“

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    • Hui! Mal nichts Kritisches von dir?
      In der Tat: Sexy Recka – obwohl sie ein bissl ZU positiv gestrickt ist, zwischen all den bösen Brüdern. Andererseits gibt es ja das Phänomen der „Unberührbaren“ in Assi-Familien, denen alle Beklopptomanie der Sippe nichts anhaben kann, und die trotzdem was werden. Und das sind meist Mädchen. Also ist eigentlch auch Recka realistisch.

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  2. Was für eine Wucht, was für eine Rezension! Ja dankeschön!
    Vor allem auch für die Erinnerung an den Ganghofer, den ich vor vielen Jahren mal intensiver am Wickel hatte („Hochlandzauber“ und „Gewitter im Mai“ und so), weil ja der Papa draußen am Tegernsee lebt (einen Steinwurf vom Ganghofer-Haus entfernt) und ich damals eine Reportage über die Gegend schrieb und weil mich eh vieles, was im hiesigen Alpenraum so rumschwirrt, sehr anspricht.
    Aus dem maigewittrigen München herzliche Grüße!

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  3. „Der Jäger von Fall“ entdeckte ich eines Tages im Bücherregal meiner Eltern. Es hat mir zwar gefallen, mal in die bayerischen Urgründe abzutauchen, zumal meine Mutter aus Bayern stammt. Es war auch interessant, die bayerische Sprache zu lesen und der Ganghofer hat das echt gut gemacht. Aber einen weiteren Ganghofer tue ich mir nicht an. Ist doch sehr anstrengend zu lesen.

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    • Hab mit mitte20 als erstes die „Trutze von Trutzburg“ von ihm gelesen. Da gings mir ähnlich: nicht schlecht, aber Nachschlag nicht nötig. Jetzt war das so eine Heyse-Folge („er förderte junge Talente wie Ganghofer und die Ebner-Eschenbach….“) und weil sich in meinem Literaturgeschmack ohnehin gerade einiges dreht – und siehe da: Unerwarteter Knüller!

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    • Allerdings ist der anstrengend zu lesen. Der „Jäger von Fall“ kam mir seinerzeit auch mal unter, da verbrachte ich ein paar Tage in einem Hotel gleichen Namens und dort stand das in der Hausbibliothek rum, und an einem Regentag, der mir zu garstig war für einen längeren Berggang, las ich’s zur Hälfte, wegen Lokalkolorit und Sprachfärbung usw., aber ich gestehe, dass ich es nicht bis zum Ende durchhielt, denn die Sonne kam wieder raus – und vorbei war sie, die Lektüre.
      Richtig gute Bücher sind ja die, bei denen man das Wetter vergisst.

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  4. Es ist immer wieder interessant zu lesen, in welche Bücherregale „Leseratten“ so treiben kann.
    Schönen Dank für diese Einblicke.

    „Warum erlebte Ganghofers Werk in den 50ern Bestseller-Status?“ – darüber lässt sich natürlich trefflich diskutieren. Eine meiner spontanen Erklärungen: weil er hier hüben einer der Hausautoren von Bertelsmann war. Und den Lesering Mitgliedern unaufgefordert alle paar Monate zugesandt worden ist.
    Und nicht nur er, sondern auch einige andere gleichen Kalibers. Aus Österreich Peter Rosseger, aus der Schweiz Jeremias Gotthelf. Und unvermeidlich der Mann aus der Heide Fritz von der Leine…

    Ich habe nicht von dem allem gelesen. – – HALT: unter Zwang in der Schule „Die schwarze Spinne“ von Gotthelf oder „Als ich noch ein Waldbauernbub war“ von Rosegger…
    Und ich wills nur zugeben, hätte ich um diese Vorliebe früher gewusst, hättest Du auch von mir ein Paket geschickt bekommen. Ich habe gut fünfzehn Kilo davon in unserem öffentlichen Bücherschrank eingelagert ~~~~

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    • Watt dem eehn sinn Uhl…
      Aber das mit dem Bertelsmann-Hausautor – und dem sanften Zwang des „immerwieder“ Zuschickens, das kann zwar auch eine hohe Auflage erklären, jedoch nicht das Behalten wollen in den Haushalten beeinflussen. Ich schrieb ja früher schon mal über den Inhalt gutbürgerlicher Rentnerbücherschränke im Osten in den 70ern: Was ich dort nicht schrieb, sei hier ergänzt: Ganghofer war da auch gut vertreten. Vor allem der „Ochsenkrieg“ muss weite Verbreitung erfahren haben. Der Titel erschien mir im Teenie-Alter zu plump bäuerlich, da reichten mir die Heiden von Kummerow (die allerdings sehr gut sind, als Buch und Film), Rosegger und Gotthelf standen da nicht, fanden wohl schneller den Weg ins Altpapier. In den Antiquariaten, die ich so frequentieren konnte, waren die auch eher selten.

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      • Vielleicht war der Ganghofer drüben weniger verdächtig. Er soll sozial ziemlich engagiert gewesen sein.
        Der Bildungskleinbürger will seine Bertelsmann Bibliothek wachsen sehen. Und warum sollen Leser dieser Generation Bücher wegwerfen? Sie Hoben/heben ja auch ihren sonstigen Käufe auf.

        Nochmals zu Ganghofer. Der schrieb teilweise bayerische Stimmungen und Szenen. Landschaftsbeschreibungen. Und Bayern war für viele Deutsche seit dem Ende des 19. Jahrhunderts ein Urlaubstraum. Da fand sich offensichtlich etliches in seinen Werken. (Ich habe gerade mal nachgeschaut, weil mich das interessiert hat nach deiner Aussage).

        Diese Institution Lesering gibts, glaube ich zu wissen, seit 1950. Meine Mutter war von Anfang an Mitgliedin dort. Die werde ich fragen. Und da gabs noch Autoren, deren Namen ich hier garnicht erwähne. Dagegen ist Ganghofer wirklich ein Literat.
        Wie sich das mit Ganghofer drüben verhielt, kann ich nicht beurteilen. Er wird die gleichen Sehnsüchte bedient haben. In den mir bekannten Literaturverlagen der DDR sind jedenfalls keine Werke von ihm erschienen, wie mir booklooker anzeigt.

        Ehm Welk – die Heiden von Kummerow. Ein Kracher, den ich schon früh als Film gesehen habe. Soweit ich weiss, war das die erste filmische OstwestKooperation…

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      • Wieso „verdächtig“? Keine der alten Omis, bei denen ich den Bücherschrank mit antiquarischen Inhalten inspizieren durfte, hat sich um Politik geschert. Die fragten doch nicht den Staat, was sie in ihrem Bücherschrank behalten.
        Ich seh das eher so, dass Ganghofer zu Lebzeiten der Karl May für Erwachsene war. Da brachte er schon Umsatz und somit war eben auch interessant für den Lesering: Lief vor dem Krieg schon gut und war vor 33 tot, ist weder emigriert, noch „innerer Emigrant“ gewesen, keine Gruppler 47, kann also gedruckt werden, hat eine Dosis „BluBo“ an sich, wenn man das so sehen will, muss man aber nicht; weil keine Hetze auftaucht, ist religiös geprägt, da kann man nach dem Epochebruch wieder ansetzen. Das überbrückt und das tröstet, dass es in allen Jahrhunderten eben Katastrophen zu überstehen gilt.

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  5. In der Martinsklause wird das Christentum verbreitet wie das moderne Christentum: der Sozialismus, in der „Aula“; und ein Kloster aufgebaut wie in der „Spur der Steine“ das Werk in Schkona. Dabei gibt es Konflikte, aber auch viel echte Kameradschaft. Wer will schon vom Elend der Entfremdung und Vereinsamung lesen, gerade wenn er Heimat verlor.

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  6. Eine neue Welt mit aufzubauen… Dass Eleonore mit dem Gedanken spielte, die Nihilistin Wera Borykine bei einem Attentat zu begleiten, hast Du überlesen. Aber Du könntest zu Recht einwenden, dass Melitta zuletzt nur ein paar Straßen von der Barrikade entfernt war, auf der Oswalt und Oldenburg für eine neue Welt kämpften…

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