Hey, das kann ich auch!
Dachte ich neulich, als der „dunkle Parabelritter“ 10 Meisterwerke seiner Sammlung vorstellte.
Schreibste mal bissl was Lockeres über 10 Evergreens aus DEINEM Schrank. Aber: Ich bin kein Metal-Head. Die Mischung wird bunter.
Dann hab ich mir noch gedacht, greifst mal „blind date“ ins Vinylregal. Es is‘ bloß noch eins. Die CDs verdrängten den schwarzen Goldstaub von einst recht heftig in den späten 90ern und Nullern. Was jetzt noch steht, hat 3 Entrümpelungen überstanden. Egal was ich ziehe, da MUSS mir was einfall‘n!
Erster Griff ganz links: Die schmale Klassikabteilung. Wir Babyboomer aus den 60ern sind ja eher nicht so die Karajan-Pilger gewesen. Aber hier nun: Bach „Brandenburgische Konzerte“. Hm. Die hab ich 77 herum gekauft, in der Adaptionen-Phase. The Nice haste ja nicht gekriegt, bzw. nur die aus der Polen-Information, aber die hatte „the Brandenburger“ nun mal nicht drauf. Ich wollte mir die Originale draufschaffen; und wenigstens mal Seite 1 von Seite 3 unterscheiden lernen – aber: Fehlanzeige. Ein Erfolgskauf war das nicht. Wenn Bach – dann heute lieber Orgelwerke. Dicht daneben steht Bruckners 4. oder Dvoraks 9. – da ließen sich ganz andere Loblieder singen. Brandenburgische Konzerte. Zu Ehren Friedrichs des Großen (glaubte ich damals, was durchaus auch ein Kaufargument war). Ich ungedienter Glatter, ich. Nach der Fahne hatte sich mein Preußenfimmel gründlich ausgeschwitzt.
Zweiter Griff: Ludwig Hirsch „Komm großer schwarzer Vogel“; hm; auch nicht mehr so der Burner. Gekauft im Wendewirrwarr 1990 noch für Ost- oder schon für Westgeld; aus so einem Probierkarton im Plattenladen. Hirsch und Heller – DIE INTELLEKTUELLEN! Die toppten eine gewisse Zeit die übrige Österreich-Riege. Das hat sich bei mir gelegt. Heute hält Danzer die Spitze, gefolgt von Ambros, Molden und STS. Ludwig Hirschs LPs hinterlassen zwiespältige Eindrücke. Da sind überall wahre Highlights verteilt, aber auch so richtige Füllsel, die nicht zum Rest passen. Auf der hier ist das auch so. Richtig gut ist eigentlich nur die B-Seite: 1924/gottverdammte Pleite/schwarzer Vogel. Perfekt. Auch nach all den Jahren noch. Kumpels hatten die eine oder andere Platte von ihm, ein oder zwei nahm ich auch mal auf – aber das Band stand rum. Die Stimmung, die man für ihn haben muss, – near the final Kopfschuss- hatte man bisher gottlob recht selten.
Dritter Griff: Bayon; das Debut. Ha! Endlich eine Platte, über die sich schwärmen lässt! Was für eine feine, leise Band! Die hätten DIE Worldmusik-Combo der Däderätätä werden können, blieben aber immer unter dem Radar des Massengeschmacks. Als DIESE Platte rauskam, anfang’77, da klang die unwahrscheinlich dicht, in sich geschlossen, allerfeinst. Bis dahin klangen Gruppen-Debuts zerruppt, unausgegoren, weil AMIGA immer einen Schaffensquerschnitt wollte: Also frühes Gerümpel, besseres Spätwerk und dazwischen dies und das, in wechselnder Besetzung irgendwann mal eingespielt. Hier war das nicht so. In „Rund“ hatten sie kurz zuvor einen Auftritt mit „Himmel und Meer“ – und so einem Sonnenuntergangsvideo im Hintergrund. Das war für DDR-Verhältnisse schon wow! Aber das Highlight ist die Suite Nr.3; beginnend mit Vogelzwitschern und Meeresgeräuschen… Leider hat die Band diese Platte nie auf CD nachveröffentlicht. Es gibt von ihnen nur „Das Beste“ und „Die Suiten“ auf Silberling. Die enthalten zwar fast alles vom Debut, aber das schöne „Präludium“, der Opener fehlt dann immer noch schmerzhaft.
Macht Spaß – jetzt Jaaaazzz: Ben Webster Trio; die schwarze AMIGA-Reihe: In den 70ern hatten die Plattenläden noch diese Reinhör-Bars mit Telefonhörern aus Bakelit. Du lässt dir was auflegen, die Verkäuferin, frisch aus dem Fischladen umgesetzt, ohne jede Feinmotorik, „raaaatscht“ mit dem Tonarm über die Platte – du schmeißt fast die Hörer weg und starrst sie strafend an: Die Platte ist hin! Aber sie guckt nicht auf, sondern geht wieder zur Kasse, um dort mit ihrer Freundin zu quatschen. Du hörst dir eine Weile diesen sanft swingenden, Gemütlichkeit ausstrahlenden Sound an. Hintergrundmugge für antiquarischen Lesestoff. Richtig! Du wolltest ja noch zu Kohlmann, nach Schätzen graben. Nach einer Weile steckst du die beiden Hörer wieder in die Löcher des Tresens, sagst brav„Danke“ in den leeren Laden, gehst erst mal wieder ins Antiquariat, dann zurück zum Plattenladen, ans Jazzregal. Ben Webster Stapel – ABER NICHT DIE OBERE! Ziehst also eine von unten heraus und bezahlst die 16,10.
„Best of George Benson“; Amiga 1989; da hatte ich nochmal richtig Angst, die eventuell nicht zu erwischen. Lizenz-Platten und DDR, ein Endlos-Thema! Aber: Siehe da: Leipzig wars. Sommer’89. Die Mauer stand noch. Marktplatz; Ecke Barfußgässchen. „Melodie“ hieß der Laden, glaub ich. Ich kannte, eigentlich recht wenig von ihm, bis dahin. 1979, kurz vor der Einberufung, stellte der NDR 2 in „Open Box/Hits nach der Schule“ eines Mittags, die norddeutsche Jazzrock Band Tunefish vor. Die wünschten sich allerhand hoch interessanten Fusion-Kram in der Sendung: Stanley Clarke, Deodato und eben George Benson. Die „Living inside your love“ lernte ich dann per Zufall in der Kaserne kennen, bevor sie dem Besitzer konfisziert wurde. Nun also: Blindkauf! Benson. Her damit. Tracklist: Nix bekannt. Erstes Auflegen zu Hause: Trompeten-Intro – huch! Aber gar nicht nervig. Hui. Auch schnell vorbei. Es folgt interessant filigranes Gezupfe. Er covert „White Rabbit“ von Jefferson Airplane instrumental als 7minüter. Aber wie! Die Initialzündung für sein CTI-Schaffen. Von nun an süchtig. Inzwischen habe ich alle CTI-Werke, die einen dieser Titel enthalten. Seit 89 also ein weiterer musikalischer Hausgott neben Elvis, Renft, Yes und Haggard. (Sehr bunte Mischung irgendwie; fällt mir gerade auf.)
Next: Karussell „das einzige Leben“ (1980); ihre zweite Langrille nach „Entweder oder“ (1978); Ostrockhistorisch in jeder Hinsicht ein interessantes Werk, aber seit Jahrzehnten nicht mehr angehört. Sie hat ein paar Längen und inzwischen auch Fremdschämeffekte. Die Knüller waren mal: Der Titelsong vom „einzigen Leben“ (Oh Jesu Christ! Oh Jesu Christ! Komm und sei du mein Retter!) Eine alte verlassene Mutter freut sich auf den Tod. In der atheistischen DDR A) zu religiös und B) zu pessimistisch; „Lieb ein Mädchen“ – der eigentliche Skandal in den Kulturbehörden: „Sie steht am Fließband, die lange, lange Schicht …. Und der Kopf hat immer frei dabei….“ UNSERE ARBEITERKLASSE WIRD VERHÖHNT! Der Song, in bester Renfttradition und inspiriert von „factory girl“ von den Stones, lief nicht im Rundfunk, durfte aber auf die Platte und blieb bei Cäsar-Konzerten nach der Wende Dauerbrenner. Die eigentliche Klatsche aber war: „Wer die Rose ehrt“. DER Song war 1971 Hit des Jahres. Komposition Cäsar und Heubach. Eingespielt von Renft. Erbeverwaltung. Ein Nugget aus dem Giftschrank holen. Das hat totsicher einen Heidenkampf gekostet, denn auch dem dämlichsten FDJ-Funktionär musste klar sein, dass das für Furore sorgt: Wiederauferstehung eines Renft-Hits! Sensationen einer untergegangenen Zeit. Vielleicht erklärt sich so, warum „und der Wind endet nicht“ auf der Platte ist. „Sa-ha-hand in unserm Getriebe/Zo-ho-horn in unserer Liebe…. /Sa-ha-hand-pusten wir aus dem La-ha-nd.“ (Den Rausschmiss der Ex-Renftler pflichtschuldigst bejubeln müssen, damit die „Rose“ die Erlaubnis kriegt?)
Nächster Griff: Stefan Waggershausen „Tabu“; hach, was bin ich um die rumgeschlichen! Im Intershop im Leipziger Bahnhof. Bei jeder Heimfahrt hab ich sie mir zeigen lassen, die Titelliste auswendig gelernt – und mich gegrämt, dass weder „Es geht mir gut“ noch „der Teufel schaut mir über die Schulter“ drauf war. Ist die nun das bissl Westgeld wert, wasde hast? Es hätte nur gefehlt, dass sich eine der Verkäuferinnen mein Gesicht merkt und mir eines Tages gleich, wenn ich reinkomme, die Plattenhülle in die Hand drückt, so oft hab ich die „zeigen-lasse- Nummer“ durchgezogen. Schließlich hab ich sie doch genommen. Oft gehört. Für gut befunden. Aber nicht für sehr gut. Mitte der 80er kam die „Touche d’amour“ raus. Um Längen besser. Und sein Spätwerk hab ich ja neulich schon gefeiert.
Next please: Slade „Wall of Hits“(1990) ; anfang der 60er geboren; Member of Sladism, you know?!‘nuff said.
Und noch’n Griff: Bonnie Tyler „Faster than the speed of light“, die Chris Steinman Epoche. War das ein Rausch! Die Meat Loaf Alben besorgen und dann weiter mit Bonnie. Ein weiterer Shop-Kauf, im Unterschied zu Waggershausen aber spontan – und nie bereut! Dachte ich bis vor kurzem. Ich legte sie nach 2 Jahrzehnten mal wieder auf – und siehe da: Bin älter geworden. Der Titelsong und „Total Eclipse….“ Funktionieren noch immer. Der Rest? Während das Gehämmer lief, musste ich an diverse Gin-Tonic-Treffs mit Udo und Thomas denken, and English-Tea-Time-Versuche mit Tee und Gin und Kaffeesahne und Fachsimpelei über Sartres „Ekel“ oder das Novalis-Bändchen, das gerade zugelassen war…it’s getten so excitin‘…
Gieß ein jetz‘! Ihr mit euern Schdudentnglabs! (Originalzitat-Udo) … jaja.
Was kommt als Letztes? Last not least: Memory-Time; Folge 3; 1962-63; DLP 1988: gekauft 1991 oder 92 für fast kein Geld. 1,99 oder 2,99 DM. Plattenversand Weikersheim. Der flutete die Neuen Länder mit Versandkatalogen. Und Plattenjunkie Bludgy bestellte sich „einen Wolf“, wie man so sagt. Aber manchmal kam er eben nicht über den Mindestbestellwert, um Versandkosten sparen zu können. Und da waren immer so kleingedruckte Seiten: Plattentitel, 2 oder 3 Tracks angegeben und … Drei Punkte zum Weiterraten. Ich war heiß auf „Telstar“ von den Tornadoes. 1962 hätte – mit Glück – passen können. Passte aber nicht. War gar nicht drauf. Ein Ramsch-Sampler, wie er im Buche steht, aber interessanter Ramsch: zwischen Trini Lopez, Ungenießbarem von den Ikettes, sowie Nino Temp & April Stevens tummelte sich hier eben auch „Johnny gets angry. Johnny gets mad!“, der unkaputtbare Heuler aus den Phil Spector Tagen: Joanie Sommers. The Routers „Let’s Go!“ Gerd Alsen Gedächtnis Sound von Memory Hits! „Listen to the rhythm of the falling rain“ one hit wonder von den Cascades… Vorbilder der Doors. Booker T. „Green Onions“ nicht zu vergessen. Und-und-und… Von hier auf zig Drive-Sound-Kassetten gesampled und in allen meinen treuen „Gebrauchten“ gelaufen, während ich seit Jahrzehnten zur Arbeit pendle.
So. 10 Stück voll.
Alles noch da. Nix bereut. Lebenselexir. Wie amusische Menschen ihr Dasein aushalten, ist mir ein Rätsel geblieben.
Ich brauchte die da oben alle. Und nicht nur ich. Damals – in jenen Tagen. In den Mühen der Ebene.
The way we were.
Howdy! Also, erstmal freu ich mich darüber, den Ritter gefunden zu haben und durch ihn mal wieder die Finnen, diesmal in Gestalt von „Ensiferum“ … gefällt mir sehr!
Deine Ansichten zum Hirscherl teil ich voll und ganz, bei mir sind die Österreicher noch breiter gefächert … wo ich auch hinhör, überall gibts in diesem Land mit der zweifelhaften Politik so viel grandios gute Musik in der neuen Generation, daß ich sie gar nicht aufzählen könnt … Sojka und Resetarits von den „Alten“ mag ich auch noch irrsinnig gern!
Der Oberkracher (um mich mal wieder im werten Ärmelvokabulararchiv zu bedienen!) ist „Bayon“, eine so unglaublich gute Musik, die entspricht mir total!
George Bensn, Ben Webster, meine Güte, eh klar! Und Karussell natürlich, hab ich auch durch Dich erst kennengelernt und Haggard..saugut, ich mag diese Mischung , und wenn ich mir all diese wunderbare Musik ansehe und höre, dann iss Dir doch hoffentlich auch klar, daß eine Frage an Dich immer noch im Raum schwebt, weil ich Deine Antwort einfach nicht annehme, you know, what I mean?
Musik, Musik, Musik
The Way We Are
Servus Du!
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Ja, aber die Frage und die Ablehnung hatten eben (leider) was mit Tanzen zu tun…. 😦
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Ich seh schon, da ist noch Arbeitsbedarf… kicher
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