Das kleine Kino

Gloria, Astra, Cinemahall,
Odeon, Alhambra, Kristall und Capitol,
Kassandra, Pandora, Apoll und Applaus-
hier flimmert die Welt und das Licht ging nie aus. („Cinema Hall“; City 1987)

Und das Licht ging DOCH aus. 1990.

Im Folgenden soll es nicht um jene sagenumwobene City-Platte gehen, aber sie enthält unter anderem mehrere Songs, die eine phantastische Hommage an das Kino im herkömmlichen Sinne enthalten. An eine Zeit, in der es noch nicht auf Pyroeffekte ankam, Autos noch nicht über Brücken flogen und das Publikum nicht ermahnt werden musste, sogenannte Handys auszuschalten.

Es geht um das hier:

Durch diesen Torweg rannte, schritt oder schlich ich so manches Mal. Je nachdem, wie viel Zeit noch war oder ob ich mir noch Ausreden einfallen lassen musste, weil ich noch nicht 14 oder 16 oder 18 war, der Film aber magisch anzog.

Hier war es, wo ich 8- oder 9jährig in der Kindervorstellung eisern auf Stehplatz durchhielt, weil der Laden brechend voll war. Für 25 Pfennig Eintritt. Beim „Kapitän vom Tenkesberg“. Den lässt man sich nicht entgehen. Der ist zwar schon zweimal im Fernsehen gelaufen, aber man muss dringend erzählen können, dass man ihn diesmal wieder gesehen hat! Sonst ist man nicht mehr dabei – oder „außen vor“ (wie der Wessi sagt).

Hier lief immer das gleiche uralt DEWAG-Werbeband solange das Licht noch an war mit Orchesterdudel, Manfred Krug Chanson, Andreas Holms „7x Abendrot, 7 x Morgenrot“ und der sonoren Männerstimme: „Schallplatten aus dem HO-Fachhandel! Immer eine gute Wahl!“ und der Plattenladen war 2 Türen weiter und hatte sogar trotz Planwirtschaft längst anderes zu bieten.

Hier war es, wo der kleine Fassonschnitträger mit der Brille zum Indianer wurde. Damals 1967 Erstkontakt mit Delawaren und Huronen. Ab 68 dann Dakota!
Hier ereignete sich’69 schließlich sein denkwürdiger Rekord: 7 x Spur des Falken in einer Woche!

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Aus diesem Seitenausgang kam er raus mit Kamm und Butterbrotpapier und der Toka-ihto-Melodie und Ruth Hohmanns„Missouri“ im Kopf…

Hier war bis auf weiteres Indianerland, denn hier sah ich alle Gojko-Streifen bis Ulzana, aber auch „Schwarze Panter“, „Alarm im Zirkus“, natürlich mehrfach „Hei-ßer Sommer! In diesem Jahr, es ist ein hei-ßer Sommer! So wunderbar!“ und Cat Ballou, Petrolium-Mietzen, Mackanna’s Gold, Olsenbande, Balduin der Trockenschwimmer, Schussfahrt nach San Remo, Angelique, Musketiere, Plattfuss … aber auch „Bis dass der Tod euch scheidet“ — um hinterher zu schwören: Nie wieder DEFA! So ein Klischeeüberladenes Ding! Gegenwart konnten die nicht!

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Hier an diesem Torweg mussten wir antreten, wenn die Schule zum Pflichtfilm gezwungen hatte: „Befreiung“ (1. Teil 1975, anlässlich des 30.Jahrestages der Befreiung) …“Blockade“ (zwei Teile, um 77 herum; Belagerung von Leningrad) … dann auch so eine zweistündige Dokfilm-Folter: Die Außenpolitik der Deutschen Demokratischen Republik und ihre wachsende Bedeutung im  Blablabla und Schwafelu… Das war wie 120 Minuten „Aktuelle Kamera“.
Hinterher setzte es Verwarnungen, Tadel, EOS-Rausschmissandrohungen für diejenigen „Kader von morgen“, die während des Films draußen beim Rauchen ertappt wurden oder deren Bemerkungen im Kinodunkel lokalisiert werden konnten.

Schließlich sah ich hier 1988 oder 89 noch „Die Entfernung von mir zu dir zu ihr“, einen mutig provokanten Gegenwartsfilm (doch wieder DEFA); aber ganz ohne die üblichen Schauspieler, reineweg von neuen Gesichtern bevölkert und mit Dialogen, die staunen ließen: Gibt’s keine Zensur mehr?

Pärchendialog:
„Ey! Hast du mein Bukowski-Shirt irgendwo gesehen?“
„Nö.“
„Wir ham nüscht mehr im Kühlschrank.“
„Ich mach Diät.“
„Bloß, weil du Diät machst, muss ich nicht aussehen wie Mahatma Ghandi!“

Die Stadt hatte ursprünglich 2 Kinos, die keine 400 m von einander entfernt waren. Das große „Haus des Volkes“, das eigentlich mal ein mondäner Theateranbau des Hotels „Zur Reichskrone“ gewesen war und anfang der 80er für immer schloss; und das zähe kleine „Filmtheater der Freundschaft“, das immer nur „s gleene Gino“ hieß. Seit 1910! (Und vorher war es schon 30 Jahre der Vorführraum für Laterna magica Budenzauber gewesen.)

Ursprünglich war es die Remise des Hotels „Zu den 3 Schwaenen“. Aber dessen Abstieg hatte bereits zu Kaiserszeiten begonnen. Im Vorderhaus überlebte das ehemalige Restaurant als Kneipe der ganz hart gesottenen Stadtchlochards und Thüringen-Tom-Waitse bis in die 80er. Den Schwaenen war das „e“ zerbröselt und so hatte sich der Plural verflüchtigt.
„Den findste im Schwan.“ war die feststehende Floskel für vollständigen sozialen Absturz.

Dem „klein’n Gino“ schadete die prekäre Nachbarschaft jedoch keineswegs.
Helikoptermütter waren noch nicht erfunden. Man fand minderjährig unbegleitet und unbeschadet hinein und auch wieder raus.

Schließlich kam die Wende. Euphorisch kaufte man im Plattenladen nebenan die ersten Westscheiben nun zu kleinen Preisen: Chris de Burgh, Peter Frampton, Pixies … was die Probierkartons halt so hergaben; und dann mit der quadratischen Tüte unterm Arm ging man die 2 Türen weiter, um sich im „klein’n Gino“ die wieder entdeckte „Spur der Steine“ anzusehen. Nicht ahnend, dass dies der letzte Besuch in dieser heiligen ramponierten Halle sein würde.
Denn bald darauf schlossen sich auch hier die Pforten. Der Ort selber sprang als Modellstadt dem sozialistischen Verfall gerade noch rechtzeitig von der Schippe. Das Kino nicht. Schwamm sanieren, Surroundsound einbauen, Vorhang und Bestuhlung erneuern – wer sollte das auf sich nehmen? Und das Kartenverkaufsbüdchen hatte nun wirklich keinen Platz für die Popcornmaschine… Cineplex eroberte den Osten und baute unweit neu.

Darum 25 Jahre Dornröschenschlaf. Aber der Kuss kam schließlich nicht vom Investorenprinzen, sondern von der Abrissbirne…
Mutter sprach davon am Telefon und beim vorweihnachtlichen Besuch der alten Heimat blieb mir nur, die frisch geschaffenen Tatsachen zu fotografieren.

Machs gut, mein kleenes Indianerland.

 

 

27 Gedanken zu “Das kleine Kino

  1. Nein so was! Ich hatte heute Nachmittag plötzlich Winnetou im Kopf. Und dann suchte ich auf YouTube nach diesen Filmen, wurde fündig und habe mir den Winnetou 1 angesehen. Habe in Erinnerungen geschwelgt, Nostalgie pur! 😀 Erinnerte mich daran, dass zur Zeit, als ich gerade mal 16/17Jahre alt war, mein Vater im Kino Operateur war. Nebenjob, immer nur Abends oder Samstag und Sonntag Nachmittag. Das war die Zeit der Winnetou-Filme. Ich war gerade alt genug, um sie sehen zu dürfen. Natürlich durfte ich gratis! So habe ich denn, schon vorher eine eifrige Karl-May-Leserin, alle Winnetou-Filme gesehen. Auch in einem Kino wie oben beschrieben. Erinnere mich noch, wie ich ein wenig Angst vor dem Besitzer hatte, der mit seinem grossen Bauch breitbeinig vor mir stand und mir jedesmal klar machte, dass das eine grosse Ausnahme sei und ich eigentlich nicht hier sein dürfte, ich eigentlich bezahlen müsste. Und doch durfte ich dann beim nächsten Film wieder. 😉
    Wundervolle Erinnerungen an eine Zeit, in der ich im Land der Träume schwebte, nicht mehr Kind, doch noch weit entfernt, erwachsen zu sein.
    Dann, zurück am PC, was für ein Zufall, auf diesen Artikel zu stossen. Ich konnte so richtig nostalgisch nachfühlen, was Sie schreiben. Ich danke Ihnen dafür!
    Ihre Mme Ruth

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  2. Für mich wurde Kino erst mit 14 relevant, dann jedoch prägend.
    Ich weiß nicht, wie ich mich ohne Filme entwickelt hätte, ganz sicher aber nicht zu der, die ich geworden bin. „FILME BEFREIEN DEN KOPF!“ R. W. Fassbinder. Seine mit Sicherheit.

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  3. Ich bin Deinem Link gefolgt. Da gibts ja auch die ganze „След Сокола“ – ich habe mich nach dem Anfang allerdings dann doch lieber für „Хороший, плохой, злой“ entschieden, der wurde genau untendrunter angezeigt.

    Deine erinnerte Geschichte, wie jedes Mal bisher, ein Kracher. Übers Kinosterben, jetzt setzt just die zweite grosse Welle ein, haben gestern abends besprochen. Wir hatten hier in Lummerland auch zwei Lichtspieltheater. Sonntägliche Taschengeldgräber, Karl May und andere Abenteuerfilme. Auch Godzilla, seitdem nie wieder Fantasy- oder Science Fiction Filme. Auch Easy Rider im Capitol gesehen. An die Adler Lichtspiele erinnere ich mich kaum noch. Die hatten nämlich zu Easy Rider Zeiten keine Loge und für zarte Annäherungen waren die unumgänglich. ..

    Ich habe kürzlich unsere Kastanienallee fotografiert, angeregt durch Deine Kastanienerinnerungen.
    Bei dem ersten Lesen Deines Kinoberichtes kam mir die Idee, so á la W.B.(Ost) trifft W.N.(West), so etwas in der Art auch zu machen, sich die Bälle zuzuspielen, allerdings blogmässig.
    Ich habe sie dann wieder fallen gelassen, die Idee, denn wer interessiert sich schon für die Kindheits- und Jugenderinnerungen eines alternden Mannes (West) und eines leidlich Jüngeren (Ost)?
    Bei mir gings vielleicht noch als Schwafelnostalgie durch und bei Dir: geh mich wech mit die Täterä. Da darf es doch nichts alltäglich Positives gegeben haben, dort hinter der Mauer.
    Das interessiert allenfalls noch so Exoten wie mich ~~~ 2012 haben 50% aller im Westen sozialisierten Menschen eine Reise in die ehemalige Deutsche Republik noch abgelehnt. Obs bei einer heutigen Umfrage wesentlich weniger wären?

    Schreib´ trotzdem weiter, ich finds klasse!

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    • Wieso „darf“ es da nichts alltäglich Positives gegeben haben?
      Sache ist, an mich ist noch nicht viel glaubhaft Positives herangetragen worden, Jedenfalls nicht nach etwaigem Nachfragen. Da hat mir eine Kollegin z.B. erzählt, nach NVA-Zeit und Heirat hätten sie dann eine Wohnung zugeteilt bekommen. An sich etwas Positives. Nachfrage: Was ohne NVA und Heirat?Dann natürlich nicht.
      Häh? Natürlich gab es auch im Westen Zeiten, in denen es für unverheiratete Paare auf dem Wohnungsmarkt schwieriger war, aber Militärdienst war meines Wissens nie ein Thema. Und so war es eben mit vielem, was mir erzählt wurde, das Gute hielt dem zweiten Blick nicht stand.
      Trotzdem habe ich nie daran gezweifelt, dass es in der DDR, wie überall auf der Welt, wo Menschen leben und lieben, auch Gutes gegeben hat.

      Kinosterben finde ich auch traurig. Unzweifelhaft hat es eine massiv kapitalistische Komponente.
      Aber lieber schaue ich mir einen kritischen Film (und die gibt es durchaus auch) in einem Multiplexkino an als einen linientreuen im nostalgischen Kino meiner Kindheit (das es zugegebenermaßen nicht mehr gibt).

      Ich verreise auch nicht einfach so in die Ex-DDR. Ich fahre nach Dresden, wenn ich nach Dresden möchte und war einmal aus familiären Gründen in Schleifen. Das war´s bislang. Ich fahre aber auch nicht explizit nicht in die Ex-DDR, es verlockt mich nur nichts.

      Und als letztes Geständnis: Üblicherweise hauen mich persönliche Rückblicke in Ehren gereifter Herren tatsächlich nicht vom Hocker. Trotzdem habe ich mich hier festgelesen (und nicht nur hier, Herr Ärmel), weil der Herr Bludgeon schreiben kann, weil er etwas zu sagen hat und weil er nahezu immer die vielleicht gefährlichste aller Klippen im biographischen Schreiben umschifft, den vom eigenen Schmerz betroffenen Jammerton. Bei diesen Voraussetzungen ist dann wahrscheinlich schon egal, worüber einer schreibt, selbst wenn es die Täteretä ist.

      Und so bitte ich Sie beide: Tun Sie mir die Freude, schreiben Sie weiter und lassen Sie mich teilhaben an Ihrem komplexen und feinsinnigen Innenleben.

      Ihre Leserin

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      • Dankedankedanke – einmal mehr.

        „Es verlockt mich nur nicht.“ – ???? (Der Dame kann geholfen werden!)
        Wie wär’s mit nem Tages-Treffen in der schönsten Stadt der Welt im nächsten Sommer? Guided by Bludgeon? Ärmel kann sich gerne anschließen. Der zaudert ja auch schon ne ganze Weile. Falls ja – weiter per Mail.

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      • Ich wills mal so sagen (wieso sagen Sie das und schreiben nicht einfach los ohne diese sonderbare Einleitung?)
        Genau!
        Liebe Frau Leserin, aufgrund des in Ihrem ersten Satz so keck im signum citationis in der dritten Person Singular eingekleideten Modalverbs, empfehle ich Ihnen über einen Zeitraum von, sagen wir vier Wochen, die aufmerksame Lektüre beliebiger deutscher Tageszeitungen jeglicher politischer Couleur (die Unterschiede sind mittlerweile ohnehin marginal). Dort suchen Sie gezielt nach Berichterstattungen, die direkt oder kontextuell sich beschäftigen mit der ehemaligen Deutschen Republik.
        Beim Lesen achten Sie bitte aufmerksam auf den Gebrauch pejorativer Adjektive (auch Verben verbergen sich nicht böswillig) hinsichtlich jener ehemaligen Deutschen Republik. Und ich versichere Ihnen, dass bei genauer Kenntnisnahme der jeweiligen Texte ein Licht Ihnen aufgehen wird, ganz ohne Batterien und Lampennetzkabel.
        Medial vermittelte Berichterstattung ist immer politisch. Und mit dem Erscheinungsbild der ehemaligen Deutschen Republik soll in den Köpfen der (derzeit noch überwiegend westdeutsch sozialisierten) Bevölkerung ein bestimmter Zweck erreicht werden. Ich verrate nicht zu viel, wenn ich als Schlagworte willkürlich zum Beispiel Konkurrenz, Lohnungleichheit, Überlegensheitsgefühl oder Wertigkeit neben anderen nenne. Divide et impera.

        Zum zweiten Absatz: Ihren Vergleich zwischen der kritischen Wohnsituation in der ehemaligen Deutschen Republik und der BRD könnte exakt so in einem der oben von mir erwähnten Medien zu hören oder lesen sein. Er zeugt entweder von einem Mangel an Information, dem Unwillen zur sachlichen Differenzierung oder einem tendenziös politischen Interesse.
        Während nach dem Zweiten Weltkrieg die Wohnungsnot für alle Bevölkerungsschichten in allen Besatzungszonen sehr ähnlich gewesen ist aufgrund der vor allem von den sogenannten westlichen Allierten durch massive luftkriegerische Bombardements, haben sich doch rasch die Ursachen der Probleme hinsichtlich des Wohnraums in der SBZ von denen in der Trizone unterschieden.

        Ihre Aussage „Ich verreise auch nicht einfach so in die Ex-DDR“, rief in mir spontan die Frage hervor, ob Sie in die EX-DDR reisen würden wenn das komplizert wäre. Sehen Sie mir bitte den kleinen Scherz am Rande nach, aber ich habe mir in vielen Jahren angewöhnt, genau zu lesen. Im Ernst jetzt mal dazu. Vielleicht haben Sie kein tieferes Interesse, das Land, das ich als ihr Herkunftsland vermute, den Begriff Hemat vermeide ich bewusst, kennenzulernen in seiner ganzen Vielfalt, den ganzen Mulitikulti der deutschen Bevölkerung, den Facettenreichtum der habituellen Gebräuche, die Fülle unterschiedlicher Speisen und Getränke, die Mannigfaltigkeit der architektonischen und landschaftlichen Strukturen. Das wird auch niemand von Ihnen verlangen dürfen, Ihre Interessen können ganz andere sein und Ihre „Verlockungen“ überdies.
        Dennoch schmerzt mich die Sprache in Ihrem Kommentar ein wenig. Sie zeigt mir, wie weit es schon gekommen ist mit der Aufrechterhaltung von, ich drücke es vorsichtig aus, misslich trennenden Urteilsbildungen.

        Ihr letzter Satz ist natürlich ein von jugendlicher Energie strotzender Kracher. Ich versuche mir einen älteren Herren vorzustellen, der es wagen würde, Sie von einem Hocker zu reissen. Und was den Jammerton betrifft, möchte ich Ihnen abschliessend sagen, dass das Ihr ganz subjektives Urteil ist. Wenn ein älterer Mensch zurückblickt auf Erlebnisse in seinem Leben und dabei an einen Punkt gelangt, der vielleicht noch immer einen Schmerz hervorruft in seinem Herzen, so ist das ein Teil, der dem Leben dieses Menschen untrennbar zugehörig ist. Wenn ein solches Erlebnis dann einem Publikum, aus welchen Gründen auch immer, mitsamt dem empfundenen Schmerz berichtet wird, dann zeugt das nach meinem Verständnis von sehr grosser Offenheit. Ein Mensch ist dann leicht verletzlich und die geringste Höflichkeit geböte mir persönlich, diese Mitteilung, in welchem sprachlichen Duktus auch immer sie mitgeteilt werde, nicht als Jammerton zu bezeichnen.

        Bevor Sie mich jetzt vielleicht gerne vom Schreibtischstuhl reissen würden, teile ich Ihnen noch mit, dass ich in der ehemaligen BRD geboren und sozialisiert worden bin. Aufgrund meiner Lebensjahre habe ich viele unterschiedliche Aspekte der zeitweise national getrennten deutschen Staaten miterlebt und bin froh, dass ich heute Freunde in ganz Deutschland habe, mit denen ich mich über die Situation in diesem Land ebenso fruchtbar wie lehrreich austauschen kann.

        Ich grüsse Sie ganz herzlich aus dem Bembelland, Ihr Herr Ärmel

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      • Huihuihui, langsam, laaaaangsaaaam – und mal schnell den Graben wieder zugeschippt. Hat sie dich denn soooo auf dem falschen Fuss erwischt?
        Mit allem, was du da ansprichst hast zu zwar recht – aber sie auch. Und sich mal locker ausgedrückt zu haben ist legal. Etwas anderes zu fordern, wäre der verderblche Schrei nach noch mehr „pc“ (aka political corretness) – und wenn man sich daran hielte, wirds schwafelsam langweilig. Also lieber weiter wie bisher.

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      • Sehr geehrter Herr Ärmel,
        Ihr Kommentar macht mich ratlos.
        Ich habe das Gefühl, dass alles, was ich antworten würde, nur falsch sein könnte. Nicht zu antworten würde aber unweigerlich eine Unhöflichkeit transportieren, die ich Ihnen gar nicht angedeihen lassen will, schon bloß, weil Sie meine Tür in die Welt der Photographie waren. Ich bin wirklich ratlos – werde mein Kommunikationsverhalten reflektieren und mal wieder die Frage bewegen, ob Blog überhaupt ein
        mir gemäßes Medium ist.
        Aufgeschreckte und doch freundliche Grüße von einem Spatzen an den Herrn Geschützführer.

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      • Liebe Frau Leserin,
        Lieber Bludgeon,

        Es sei mir erlaubt, beide Kommentare hier zusammengefasst zu beantworten.

        Ich habe in einem Kommentar weiter oben meine Unsicherheit zum Ausdruck gebracht hinsichtlich der Brisanz des Themas der ehemaligen DDR.
        Auf Ihren längeren Kommentar dazu, liebe Frau Leserin, wollte mir keine passende Antwort einfallen. Deshalb dauerte es einige Tage bis zu meinem Kommentar dazu, denn kommentarlos stehenlassen wollte ich ihn auch nicht.

        Was tun? Ich hielts mit Lichtenberg: „Ein Buch ist wie ein Spiegel, wenn ein Affe hineinschaut, wird ihm kein Mönch entgegenblicken.“ Bücher enthalten Texte und ich entschied mich dafür, in Ihren Text als Satiriker hineinzuschauen. Und meine Antwort dazu in satirischer Form zu äussern.
        Das bedeutet, wahre Inhalte in bisweilen stark überzeichnete Formulierungen zu kleiden.
        Insofern habe ich Ihnen zu danken, dass Sie mir quasi eine Steilvorlage geliefert haben, an der man zeigen kann, wie schnell und wohin Missverständnisse bei dem Thema der ehemaligen DDR führen können. Dies habe ich, wie geschrieben, in satirischer Form dargestellt.

        Schon der erste Satz könnte stutzig machen beim Lesen meines dann folgenden Kommentars. Im Text selbst habe ich auf mindestens einen Scherz explizit hingewiesen. (Aber jeder Text ist eben auch ein Spiegel – ich hoffe, man sieht jetzt mein Lächeln!).
        Und das ist mir das Wichtigste, meine Abschiedsgrüsse sind auch genau so gemeint wie ich sie schreibe, ich kokettiere nicht mit meinen Empfindungen und benutze Anreden und Grüsse nicht als schale Floskeln.

        Insofern sehe ich keine Gräben, die zuzuschippen wären und falsche Füsse habe ich auch nicht. Dass mir die politische Korrektheit immer wurschter wird, dafür steht ja mein Kommentar, denn der ist alles andere als politisch korrekt und meine persönliche Einstellung zum grossen Thema ist es ohnehin nicht.

        Ihre Frage, liebe Frau Leserin, ob Blogs für Sie ein geeignetes Medium sein können, kann ich Ihnen nicht beantworten. Aber Sie wissen aus anderen (virtuellen) Begegnungen mit mir, dass ich Ihre Kommentare gerne lese, Sie nach Ihrer längeren Absenz erfreut begrüsst habe und Ihnen überdies bereits vor einiger Zeit die Frage gestellt habe, warum Sie selbst keinen Blog betreiben.

        Ich hoffe nun, ins Dunkel Ihrer Ratlosigkeit ein ausreichend erhellendes Licht gestellt und Ihren Schrecken vertrieben zu haben.
        Und Du, geschätzter Bludgeon hast hoffentlich die nicht gebrauchte Schippe wieder in die Ecke gestellt.

        Ihnen, liebe Frau Leserin und Dir, Bludgeon wünsche ich ein frisches 2016er Jahr und ich freue mich in diesem Sinne auf ein Wiederlesen und -gugge ab Morgen.

        solong : Herr Ärmel

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      • Lieber Herr Ärmel, ich habe Ihren Text nicht verstanden, ich war einfach völlig irritiert. Am meisten irritiert war ich tatsächlich von Ihrem Abschiedsgruß, gerade weil zu dem bisschen, das ich von Ihnen verstanden zu haben glaube, gehört, dass Sie mit dem emotionalen Gehalt Ihrer Grüße nicht spaßen.
        Aber wenn man bei diesem Text den allerersten Verständnisschritt, nämlich den, dass es sich um Satire handelt, nicht vollzieht, dann entzieht er sich zwangsläufig jedem Verständnis.

        Ich bin in einem der Fallstricke schriftlicher Kommunikation hängen geblieben. Über Heinrich Heine habe ich einmal gelesen, dass er sich in der deutschen Sprache ein „Ironiezeichen“ gewünscht hätte. Vielleicht sollte man diese Dinge in der virtuellen Schreiberei tatsächlich klarer deklarieren und viele in der Blogosphäre tun dies ja auch. (Während Sie vermutlich die ganze Zeit fassungslos darüber sind, wie jemand DAS nicht von selbst als Satire versteht.) Andererseits finde ich, dass ein Witz, an dem eine Schlaufe hängt, mit einem Fähnchen dran, auf dem „Witz“ steht, dann eigentlich auch schon keiner mehr ist.

        Das Bild mit dem Spiegel ist natürlich richtig. Dummerweise weiß man in der Blogwelt nie, wer hineinschaut und selbst bei „bekannten“ Lesern nicht, ALS WER die da gerade hineinschauen. Alles in allem bin ich immer noch ratlos. Jetzt allerdings anders.

        Vielen Dank, Herr Ärmel, für Ihre aufklärenden Worte.
        Ich schließe mich Ihrem Wunsch nach einem „frischen“ 2016 an. Frische scheint mir tatsächlich zu sein, was mir und der Welt gerade fehlt.
        In diesem Sinne: Bis nächstes Jahr in neuer Frische!
        Ihre Leserin mit dem erhöhten Erklärungsbedarf

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      • Liebe Frau Leserin, Ihr zweiter Absatz ist natürlich ein Kracher. Genau so ist es doch, indem man die Pointe vorher erklärt ist sie weg.
        Und Ihre Anmerkung bezüglich des Spiegels und dass man nie weiss, wer wie hineinblickt, trifft ins Schwarze.
        Erlauben Sie mir eine weitere Anmerkung, die ebenfalls zu meiner vorerwähnten Verunsicherung bei komplexen Themen in Blogs beiträgt und das ist der begrenzte Kommentarraum. Zehn Kommentare in einem Zug und dann ist bei WP Ende Gelände. Man muss dann woanders neu anfangen. Das ist sehr ärgerlich schon wegen der Übersichtlichkeit.
        Überhaupt ist nach meiner Erfahrung das Kommentarwesen nur für einen begrenzten Austausch tauglich. Kurze Anmerkungen, Fragen oder eine Anmerkung, dafür ist es gedacht.
        Komplexe Auseinandersetzungen zu einem Thema sind meines Erachtens nach wie vor (und zum Glück) langen Briefwechseln oder persönlichen Gesprächen vorbehalten.

        Vorjahreswechselschöne Grüsse aus dem krachenden Bembelland, Ihr Herr Ärmel

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      • Was mich nervt, Herr Ärmel, ist, dass die Zeilen immer kürzer werden.
        Dass nur zehn Kommentare möglich sind, wusste ich nicht, erklärt aber endlich mal das „Auseinanderreißen“.

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    • Alter Verführer. Ich hätte trotz deiner Skepsis durchaus Lust, das Wechselspiel mal zu probieren.
      Und das mit den Kastanien – das Kompliment kann ich zurückgeben: Deine Baumfällanklage vor ein paar Monaten war MEIN Inspirator. Solange geisterte mir das schon im Kopp rum.

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    • Hey, warum so pessimistisch? Wir leben bekanntlich auf einem alternden Kontinent, da sind Rückblicke geradezu ein MUSS. Ich will jetzt aber nicht mit Kleinstadt-Kinpott-Reminiszenzen kommen und auch nicht mit familienmäßigem Müll der 50er Jahre. Nein, Gegenwart bitte, und zwar griechische! Falls ihr jemals zu Sommerszeiten herkommt und nicht gleich auf ner Insel verschwindet, unbedingt in eines der Sommerkinos von Athen oder anderen Städten gehen! Du wirst staunen! Popcornmaschine, Granita in Zitronen- oder Himbeerversion, Bierchen, Kartoffelchips, alles da! Und sogar das Tischchen, um den Pappbecher drauf zu platzieren. Viel Platz für die Füße sowieso, und rundum mit Efeu bewachsene Brandmauern. Die Filme, versteht sich, sind nicht synchronisiert, alles in der Originalsprache, egal ob Japanisch, Amerikanisch oder Russisch. Mit griechischen Untertiteln, damit du dein Griechisch verbessern kannst. Über dir der Sternenhimmel – bitte sehr, das ist Kino!

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      • Brrrr. Ächz. Soweit man dann einen deutschen oder von mir aus einen englischsprachigen Film erwischt ginge das ja. Was alle anderen Sprachen betrifft – wär’s dann rausgeschmissenes Geld.
        Aber da fällt mir ein: 1971 in Varna/Bulgarien(also immerhin fast dieselbe Ecke): Ein Freilichtkino in Form so einer antiken Theather-Arena und es lief: „Das Vermächtnis des Inka“ – noch mit Lex Barker. Organisiert für all die Neckermann-Touristen, jedoch Eintritt in Lewa – also zahlreicher Ossibesuch im steinernen Halbrund. Manche versuchten die Leinwand abzufotografieren für das ein oder andere Selfmade-Poster dann daheim… Aber Vater hatte den Apparat im Hotel gelassen.

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  4. Tja, bei Deinen wirklich fulminanten Erinnerungstexten geht es mir eigentlich immer wieder ähnlich: Ich lese ihn, bin ob der Sprachgewalt „ergriffen“ und dann beginnt es bei mir zu rattern … und so ein Prozeß kann dann auch schon mal ein paar Tage dauern, da ich ja nicht nur einen eigenen blog betreibe, sondern – so nebenbei – einem bürgerlichem Beruf nachzugehen habe, ganz zu schweigen von meinem sonstigem Privatleben.

    Aber dann, so im Laufe von Tagen entwickeln sich dann jene Gedanken, die ich hier immer wieder mal „zu Papier“ gebracht habe.

    Heute erstmal ein paar Stichworte:

    – Kino in den 60er Jahren: natürlich Winnetou, aber auch die Nibelungen-Sage usw. … Allrdings stets in Begleitung meines Vaters … dies beeinträchtigte aufgrund seines autoritären Charakters das Kinovergnügen doch erheblich …

    – Kino in den 70er Jahren: Papa war nicht mehr notwendig, also eigene Kinoerlebnisse (meist mit Freunden) … das war dann wesentlich entspannter … und ja, dann kamen auch jene „Emmanuelle“ oder gar „Black Emmanuelle“ Filme in die Kinos (die sind heute vermutlich Kult) … nun ja, *räusper* … ich war halt wißbegegierig …. oder so …

    Aber auch der „neue deutsche Film“ hatte es mir angetan … und dann erst jene großartigen „Double Feature“ Angebote von dem Studenten-Kino „Cinema“ in München … die gingen um 23.00 Uhr los und dauerten bis 04.00 Uhr morgens oder so … mein Gott … und dann haben wir bis Sonntag Mittag geschlafen …

    Woody Allen mit seinem großartigem Humor wurde entdeckt und natürlich auch die Heerscharen von Italo-Western … „Spiel mir das Lied vom Tod“ usw.

    Und damals war es noch gang und gäbe, dass vor bzw über den Türen der Kinos diese großartig gemalten Fimtitel gab … eine Kunst, die heute fast ausgestorben ist … im Kino am Sendlinger Tor-Platz zu München gibt es die immer noch.

    Kino war aber auch gut geeigent für „Anbandeleien“ mit dem weiblichen Geschlecht, da konnte man ein wenig antesten, wie die Dame des Herzens auf kleine versehentliche Berühungen reagierte *ggg*.

    Hach …

    Gefällt 3 Personen

  5. Pingback: Dorfkinovanillezuckerpowehdochinnenkrumen | bittemito

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