dont think twice, it’s alright?

Er: – Oar, guggema Muddi! Es Völgorschlachddenkmol im Abendroud! Chic siehd das aus, hey? Warddema das gnibs-ch nochema!
Sie: – Warumdn nuor?!
Er: – Weils wirgng duhd!
Sie: – Wenns andersch hehßen dädte, wörds mir och jefalln.
Er: – Na, da nennichs ehfach „Leibzzschor Torm“ und schonnisjuht!
Sie: – Gwatsch. Mor gennd das doch undor dähm bludchen Nahm’! Wenne wor dn die Schlachd üborhaubd?
ER: – Wees’ch ooch nich. Mit Nabolchonn hads zu duhn örjendswie.
Sie: – Also dreißchjärchor griech?
Er: – Joah. Ich gloobe… gannsde recht hamm. Jädenfalls lange vor Hiddlorn.

Ärmel wollte eigentlich neulich bloß über das Leipziger Badewannenrennen informieren.
Und da kommt ihm der böse Bludgeon dazwischen, der Anstoß nimmt an der überkritischen Wortwahl in Bezug auf das Völkerschlachtdenkmal und insbesondere zur Bildunterschrift beim Denkmal-Foto.
Die abqualifizierende Wortwahl bringt schnellen allgemeinen Konsens, da das Thema „Befreiungskriege“ und auch „Gedenkkultur an sich“ niemanden mehr wirklich interessiert.

Für manchen Leser ist es eventuell NOCH einfacher abzuhaken. Nämlich so:

Obendrein ist das Ding recht groß. Hitler mochte solche architektonische Hyperdimensionen. Das weiß inzwischen auch der unbedarfteste Laie, also sind Denkmale in diesen Ausmaßen schnell mal unter präfaschistischen Generalverdacht zu stellen und „Aus die Maus“.

Ich finde diesen typisch deutschen Geschichtsmasochismus mit Verlaub zum Kotzen.
Und ich will absolut keine NS-Verbrechen relativieren.

Kyffhäuser, Völkerschlachtdenkmal, Deutsches Eck sind im wahrsten Sinne des Wortes „Zeitzeichen“, ebenso die Vielzahl der Bismarcktürme als besondere Eigentümlichkeit der Privatfeindschaft des alten Kanzlers und des jungen Kaisers.
Die „Nationale Mahn-und Gedenkstätte“ auf dem Ettersberg bei Weimar (1958 eingeweiht) bildet quasi den architektonischen Abschluss dieser Art von Gedenken.
Wenn ich sage, dass ich diese Denkmale, diese angeblichen „Monstrümmer“ als ausgesprochen schön empfinde, dann nicht aus dem Grund, dass ich mit einem (gar nicht vorhandenen) Säbel rasseln will, sondern zum Beispiel deshalb:

Adelbert von Chamisso
Der Invalid im Irrenhaus

Leipzig, Leipzig! arger Boden,
Schmach für Unbill schafftest du.
Freiheit! hieß es, vorwärts, vorwärts!
Trankst mein rotes Blut, wozu?

Freiheit! rief ich, vorwärts, vorwärts!
Was ein Thor nicht alles glaubt!
Und von schwerem Säbelstreiche
Ward gespalten mir das Haupt.

Und ich lag, und abwärts wälzte
Unheilschwanger sich die Schlacht,
Über mich und über Leichen
Sank die kalte, finst’re Nacht.

Aufgewacht zu grausen Schmerzen,
Brennt die Wunde mehr und mehr;
Und ich liege hier gebunden,
Grimm’ge Wächter um mich her.

Schrei‘ ich wütend noch nach Freiheit,
Nach dem bluterkauften Glück,
Peitscht der Wächter mit der Peitsche
Mich in schnöde Ruh‘ zurück.

Da stehen riesige Menetekel in der Landschaft, die an die vielen Opfer erinnern, die das Ereignis vorher gekostet hat und hinterher gibt es eine kurze Phase scheinbarer Läuterung, aber gelernt wird nicht bzw. viel zu wenig.

Und da passt dann auch zum Abschluss wieder einmal der treffendste Anti-Goethe aller Zeiten:

Dass der Mensch gern gut sein möcht,
edel , hilfreich und gerecht
Dass er aber drüber lacht
und erst recht das Falsche macht
TRAURIG aber WAHR.

Georg Danzer

14 Gedanken zu “dont think twice, it’s alright?

  1. Ihren Ausführungen folge ich gerne. Geschichtlich kann ich nur dazulernen.
    Mir persönlich ist ein belebtes Denkmal lieber als eine Mahnstätte in der nur ruhige Erinnerung herrscht.
    Aber Sie sagen es: „Think twice“.

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  2. Das benannte Rennen entspricht nicht einem ehrfurchtsvollem Besuch, in Anbetracht des geschichtlichen Hintergrundes, macht das Mahnmal aber zum belebten, von den Bürgern angenommenen Ort fröhlichen Zusammentreffens.
    Mir erscheint, jedes Denkmal braucht Leben. Und warum nicht solcher Art?!

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    • Mit dem Rennen hab ich auch kein Problem an sich. 1813 ist lange genug her.
      Allerdings wird der Teich davor sicherlich auch irgedwie symbolisch gemeint gewesen sein. Der Tränen-See der Hinterbliebenen oder so…
      (Wenn man erst mal soweit ist, dann tut das Rennen selbst auch schon wieder weh.)
      Es sagt ja auch niemand, lass uns auf dem Ettersberg-Mahnmal skaten gehen.
      Wenn mans denn täte, hätte man dann „das Denkmal angenommen“?

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  3. Der Ettersberg, das ist noch so nah, Dort käme ich auf keinen anderen Gedanken als den der Trauer und des Abscheus.
    Dazu habe ich Bilder im Kopf, die mir von 1813 fehlen. So geht es sicher vielen.
    Gerade deshalb denke ich gerade noch einmal nach und bin für Ihr „Nachhaken“ sehr offen.

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  4. Dass vielen die Bilder bzw. das Einfühlungsvermögen für 1813 fehlen, stimmt sicherlich. Es dreht sich ja alles nur noch um 33-45, wenn es medial mal um Geschichte geht.
    „Unsere tägliche Hitlerdoku gib uns heute wie auch morgen…“ und was ist mit den übrigen 2000 Jahren deutscher Geschichte?

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  5. „Da stehen riesige Menetekel in der Landschaft, die an die vielen Opfer erinnern, die das Ereignis vorher gekostet hat…“
    Und für mein Empfinden tun sie genau das nicht.
    Sonst wäre da mal das Chamissogedicht eingemeiselt, abgetrennte Gliedmaßen, rausgerissene Eingeweide, mal ´ne Vergewaltigung. Stattdessen: Allegorien. Gerne mal auf Ehre, Vaterland, Heldentod.
    Sie werden von den Siegern errichtet (jedenfalls fällt mir kein anderes ein), es werden die EIGENEN Toten verherrlicht, bestenfalls die verbündeten. Denn die eigene Sache ist ja immer die gute.
    Nach meiner Meinung dienen alle Kriegsdenkmale (bis zur Zeit der Aufarbeitung des Nationalsoz.) einzig zwei Zwecken: der Selbstdarstellung und -beweihräucherung der Herrschenden und ihrer Militärs und, wahrscheinlich die wichtigste Aufgabe: durch Heroisierung der Opfer das Volk bei Laune halten fürs nächste Mal verheizt werden, psychologische Grundlagenschaffung für den nächsten Krieg.

    Danke für das Chamissogedicht, ich kannte es nicht. Und alles in allem wieder ein echter bludgeon!
    Freundliche Grüße
    Ihre Leserin

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    • Kein Widerspruch, so waren die Dinger von ihren Auftraggebern durchaus gedacht/gewünscht. Und wenn man Kriege gewinnt, meißelt man keine melancholischen oder anklagend zynischen Verse in die Mauern. Das ist klar.
      Die Hinterbliebenen besuchen diese Dinger dann aber doch um zu trauern oder sich zu trösten.
      Aber nach der deutschen Doppelkatastrophe im 20. Jh. wäre es sinnvoll, ratsam, nötig gewesen – historisches Einfühlungsvermögen zu erzeugen, Interpretationsfähigkeit zu trainieren, antstatt sich auf simpel-plattem Geschichtsmasochismus (unsere gesamte Geschichte ist Schrott, alles Prä-Nazis) auszuruhen oder Geschichtsinteresse mit diesem inflationären Überangebot an Hitler-Dokus zu verwirren bzw. zu übersättigen. Auf dem Wege ist doch nun auch schon die DDR beispielhaft gescheitert. Hat auch nix genützt.

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  6. Noch so ein Beitrag, wo ich schon seit langem meinen Senf dazu geben wollte:

    Stichwort: Kriegerdenkmäler: Ich denke da z.B. an all die Kriegerdenkmäler, die es in fast jeder noch so kleinen bayerischen Gemeinde gibt, meist mit einer akribischen Aufzählung all der Toten,die aus der Gemeinde stammen.
    Dazu meistens eine heldenhafte Darstellung eines deutschen Soldaten … Alleine diese Darstellungsweise zegt, dass man vermitteln möchte: Wir haben für die richtige Sache gekämpft und genau da sage ich „nein“, es wurde, zumindest was die beidenWeltkriege betrifft,für die falsche Sache gekämpft. Warum zeigt man bei solchen Denkmälern nicht den geschundenen und zerfetzten Körper eines Soldaten, das wäre ehrlicher !

    Von daher teile ich diese Zeilen der „Leserin“: „Nach meiner Meinung dienen alle Kriegsdenkmale einzig zwei Zwecken: der Selbstdarstellung und -beweihräucherung der Herrschenden und ihrer Militärs …“
    Und deshalb, werter Bluedgeon kann ich Deine Begeisterung für Kriegerdenkmäler nicht teilen. Viel eher teile ich die Auffassung von Herrn Ärmel, den zu recht von „monumentalen Monstren“ schreibt.

    Und dann will ich noch auf ein ganz kleines, bescheidenes Denkmal in einer kleinen italienischen Stadt hinweisen, das mir weitaus mehr imponiert: https://allerleibuntesausdeutschland.wordpress.com/2014/08/21/friedrich-kurtz-das-wunder-von-trani-1943/

    Liebe Grüße aus Lissabon

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  7. Nun -nun. Wir sind ja einig in Bezug auf: Keine Kriegsverherrlichung!
    Wir sind auch einig im Anerkennen des Faktes, dass diese Bauwerke, die kleinen und die großen aus propagandistischen Gründen gewollt waren.

    Nun machst du aber auch noch das Fass Kriegerdenkmäler allgemein auf. Ächz. Mir gings ja lediglich um die großen Brocken.

    Unser Unterschied hat wieder einmal mit DDR und BRD zu tun.
    IHR (vereinfache ich jetzt mal ganz pauschal) habt 68 herum den NS selber entdecken müssen, weil euch niemand darüber aufgeklärt hat und es kam im jugendlichen Überschwang der Entdeckung zu diesen heimischen Kampfdiskussionen (Warum habt ihr nichts getan? Ihr seit alle Nazis! usw.)
    Diese Diskussionen waren überfällig, zeittypisch (für BRD) aber ahistorisch weil bar jeden historischen Einfühlungsvermögens und generationskonfliktisch überladen…

    In der DDR gab es den verordneten Antifaschismus von Anfang an. Und einiges daran war so überzeichnet, verklärt, propagandistisch auch ungeschickt in Überdosis an Pubertierende verabreicht, dass automatisch Fragen entstanden, die man aber nicht in der Schule, sondern zu Hause beantwortet bekam. Der Dialog zum Thema NS lief bei uns also ganz anders herum und deutlich früher ab. Darin eingeschlossen war auch:
    Offizielle Darstellung deutscher Soldaten im Unterricht und in sowjetischen Kriegsfilmen (Pflichtfilme für 9.und 10. Klassen) kollidiert mit den heimischen Erzählungen von Onkel Hinz und Opa Kunz, wie die Krieg und Gefangenschaft er- und überlebt haben und den offiziellen Verschweigungen von Plünderung, Vertreibung usw.

    Für euch waren Hinweise auf Großonkel Heinz und Fritz als Gefallene auf dem heimischen Kriegerdenkmal Beweise für die reaktionäre Haltung eurer Eltern/Großeltern.
    Dass die euch nicht in neue Schützengräben treiben wollten, wenn sie darauf Bezug nahmen, sondern familiären Respekt für das erbrachte Opfer, Trauertradition erhalten wollten – wurde nicht verstanden.

    Wenn Eltern meiner Klassenkameraden Kriegerdenkmäler pflegten, dann war das 1. meinen Klassenkameraden nicht peinlich. Und 2. auch gleich wieder eine Art subversiver Akt gegen das verordnete Geschichtsbild der DDR.

    Mancherorts erlaubten sich die Pfarrgemeinden sogar das kleine bißchen Mut bereits vor 1989 unten an den Kriegerdenkmälern eine Ergänzung anzubringen „Im Gedenken an die Gefallenen beider Weltkriege“.

    Mancherorts gab es für so etwas dann Ärger, mancherorts nicht. Da war die DDR nicht einheitlich.

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